„Hamilton“-Premiere in Hamburg: Revolution mit Groove
HipHop-Revolution mit US-Staatsgründung: Im Operettenhaus Hamburg feiert jetzt das Musical „Hamilton“ seine Deutschland-Premiere.
Hamilton, das ambitionierteste unter den erfolgreichen Musicals der USA aus den vergangenen Jahrzehnten kommt jetzt auch nach Deutschland: Im Operettenhaus auf der Hamburger Reeperbahn startet morgen das Musical Hamilton, das gleich aus mehreren Gründen völlig anders ist als alle anderen Musicals. Zunächst: Hamilton handelt vom historisch ersten Unabhängigkeitskrieg einer Kolonie gegen die Kolonialmacht England, von den politischen Auseinandersetzungen um die Inhalte der Verfassung der Vereinigten Staaten sowie von den Debatten um den Finanzplan des ersten Finanzministers der USA: Alexander Hamilton. Zu trocken? Keineswegs. Gesorgt dafür hat Lin-Manuel Miranda, der die Idee zum Musical hatte, es umsetzte und in den USA auch noch als Hamilton auf der Bühne steht. Lin-Manuel Miranda wird am 6. 10. zur Premiere aus den USA anreisen.
Musikalisch vorwiegend von R&B und HipHop geprägt, kommt das Musical fast zu keiner Sekunde ohne Groove aus. Lediglich der knapp am Image eines Kaspers vorbeischrammende britische König George III bekam eine an die Beatles erinnernde Melodie als Leitmotiv, auch kommen weitere Rock und Pop-Anleihen nicht zu kurz, und Debatten im US-Kongress werden als Battle-Rap ausgetragen.
Hamilton ist schon im Original das Musical mit dem höchsten Wortanteil, kein Wunder also, dass diese Zahl bei der Übersetzung der Texte ins Deutsche noch einmal gewaltig in die Höhe schnellte. Wer einen Vergleich anstellen möchte: Die US-Inszenierung des Musicals kann seit zwei Jahren beim Streaminganbieter Disney+ abgespielt werden.
Doch weder der Textreichtum noch die komplexe Handlung machen das Musical unverständlich, und was am Überraschendsten ist: Die Charaktere des wichtigsten Personals werden gut ausgeleuchtet. Der auf der Seite der Amerikaner kämpfende Franzose Marquis de Lafayette wird genauso als Popstar mit Allüren inszeniert wie der spätere erste Außenminister Thomas Jefferson, der den gesamten Unabhängigkeitskrieg über in Frankreich weilte. Lediglich der Seitensprung des sich ansonsten hauptsächlich über seine Arbeit definierenden Hamilton gegen Ende des Musicals kommt in seinen Motiven viel zu kurz, zumal die Liaison enorme Konsequenzen für das Ende der Handlung hat.
„Hamilton“ fasziniert durch seine gelungene Kombination von Politik, Krieg, politischen Visionen und Realpolitik – alles nicht abstrakt vorgestellt, sondern getragen von Menschen aus Fleisch und Blut – und von einer Musik, die keine Minute des Musicals zu lang werden lässt. jw