„Damaskus“ von Iben Albinus: Schöne Hölle
In dem Agententhriller „Damaskus“ von Iben Albinus wird eine dänische Menschenrechtsaktivistin als Amateurspionin in Syrien eingesetzt.
Der Agententhriller „Damaskus“ von Iben Albinus ist unser Krimitipp der Woche.
Wenn man schon als Geheimagentin arbeitet, kann man sich als augenzwinkernde Hommage an James Bond auch mal zwischendurch einen Martini genehmigen. Dabei sieht die dänische Ex-Amnesty-Aktivistin Sigrid Melin ihren kleinen Auftrag für den Nachrichtendienst ihres Landes nicht wirklich als Spionage an. Sie soll lediglich den Kontakt zu einem syrischen Politiker oder Geschäftsmann herstellen. Möglich wird das durch ihren neuen Job beim Telekommunikationsriesen NorCom, der sie mit der stellvertretenden Leitung der Abteilung Soziale Verantwortung nach Damaskus lockt. Zunächst hadert Melin zwar mit ihren moralischen Bedenken, für ein kapitalistisches Großunternehmen zu arbeiten, doch die Aussicht, die ehemalige Studienfreundin Reem Nemir und ihre Traumstadt wiederzusehen, sind für sie Anreiz genug.
Es ist das Jahr 2011, der „Arabische Frühling“ hat Hoffnung, aber auch neue Gewalt gebracht. Demonstranten werden getötet oder landen in den berüchtigten Foltergefängnissen. Reem leitet eine eigene Sicherheitsfirma, die für NorCom zuständig ist, und sympathisiert zur Verblüffung Melins mit dem skrupellosen Machthaber Baschar al-Assad. Als die beiden durch Melins Auftrag zusammen in größte Gefahr geraten und nicht nur im Gefängnis die ganze Macht der staatlichen Gegner spüren, müssen sie bei riskanten Aktionen über sich hinauswachsen. Doch können sich Melin und Reem wirklich aufeinander verlassen?
Mit „Damaskus“ schafft Iben Albinus viel mehr, als nur eine spannungsreiche Agentenstory vor realen Ereignissen in Szene zu setzen.
Die dänische Schriftstellerin Iben Albinus setzt in ihrem Debüt nicht nur eine spannungsreiche Agentenstory vor realen Ereignissen in Szene. Durch die ungewöhnliche Freundschaftsgeschichte macht sie auch die Schönheit einer der ältesten Metropolen der Welt erfahrbar. So vermittelt Albinus auch die dortige Sicht auf die westliche Welt, ohne zugleich die Gewalt eines autoritären Staates gegenüber Andersdenkenden zu verharmlosen. Wer will da nur einen schnöden Martini, wenn man bei diesem lesenswerten Roman auch Lust auf leckeren Kardamomkaffee bekommt?
„Damaskus“ von Iben Albinus ist unser Krimitipp der Woche. Mit ihrem Agententhriller hat sie gute Chancen, auch auf unserer Krimibestenliste für den Januar zu landen. Zuletzt ist unsere Liste mit den besten Krimis im Dezember 2022 erschienen.