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„Im Westen nichts Neues“? Überraschungen bei der Oscarverleihung 2023

Oscarverleihung All Quiet On The Western Front Im Westen Nichts Neues Edward Berger Netflix @ Reiner Bajo
Vier Oscars gehen an diesen Film: Hurrapatriotismus und sinnloses Abschlachten bestimmen den an die Nieren gehenden Antikriegsfilm „Im Westen nichts Neues“, den Regisseur Edward Berger für Netflix drehte und der in dieser Woche aber noch einmal in sehr vielen Kinos zu sehen ist. (Foto: Netflix © Reiner Bajo)

Vier Oscars für „Im Westen nichts neues“, nix für „Tár“ und viel für „Everything Everywhere All At Once“: Achtsamkeit in Hollywood ganz groß.

Die diesjährige Oscarverleihung war von einer großen Diskrepanz geprägt: Auf der einen Seite gingen vier Oscars an „Im Westen nichts Neues“, einen Antikriegsfilm, den sich niemand mit Herz und Gefühl ein zweites Mal anschauen möchte und kann, so brutal in seiner Handlung und in der Sinnlosigkeit des Ganzen ist das Gemetzel in Überlänge: Ein Film, dessen Stärke es ist, dass er absolut nichts beschönigt. Andererseits wurden bei der Vergabe der restlichen Oscars Entscheidungen getroffen, die eine  professionelle Auseinandersetzung vermissen ließ.

Vier Oscars gingen an den deutschen Antikriegsfilm „Im Westen nichts Neues“, als gestern in Hollywood wieder die weltweit wichtigste Auszeichnung vergeben wurde. Der Film des Regisseurs und Drehbuchautors Edward Berger (er ist in diesen Tagen wieder in den Kinos zu sehen) wurde zum besten internationalen Film gekürt. Sein Kameramann James Friend erhielt ebenfalls den Oscar, auch das Szenenbild (Christian M. Goldbeck und Ernestine Hipper) wurde mit einer Auszeichnung bedacht, und schließlich erhielt noch Volker Bertelmann für die Filmmusik den Oscar.

„Im Westen nichts Neues“ also? O doch! Böse Rollen werden bei der Oscarverleihung offensichtlich nicht mehr ausgezeichnet. So erhielt die im Vorfeld favorisierte Cate Blanchett für ihre in den höchsten Tönen gelobte Hauptrolle in Todd Fields „Tár“ den Oscar nicht. Ist es die Rolle der toxischen weißen, mittelalten Frau, die auszuzeichnen nicht gerechtfertigt war? Oder hatte Michelle Yeoh mit ihrem inzwischen gelöschten Instagrampost den Nagel auf den Kopf getroffen? Entgegen aller Regeln hatte die gestern als beste Darstellerin ausgezeichnete Martial-Arts-Schauspielerin („Everything Everywhere All At Once“) im Vorfeld darauf hingewiesen, dass Blanchett nach Meinung Vieler die bessere schauspielerische Leistung abgerufen haben möge, aber in deren Regal stünden doch schon zwei Oscar-Statuen. „Everything Everywhere All At Once“ wurde zudem (wie vorhergesagt) als bester Film ausgezeichnet. „Tár“ hingegen erhielt keinen einzigen Oscar.

Verlor gegen Michelle Yeoh (oben): Cate Blanchett (unten). So erfreulich es ist, dass endlich die erste asiatische Schauspielerin den Oscar der besten Darstellerin gewonnen hat: Die Umstände mit all ihren politischen Implikationen schaden der gesamten Veranstaltung, die mehr politisch geprägt zu sein scheint als von künstlerischen Gesichtspunkten. „Tár“ ist ein politischer Film, auf der Höhe der Zeit und auch ein Kommentar der aktuellen Debatten, aber er ist kein genehmer Film. Und das wurde ganz offensichtlich abgestraft.

Außerdem erhielten Daniel Kwan und Daniel Scheinert den Oscar für die beste Regie bei „Everything Everywhere All At Once“, der beste Schnitt und das beste Originaldrehbuch gingen ebenfalls an den Film, ebenso die Oscars für die besten Nebenrollen: Jamie Lee Curtis und Ke Huy Quan wurden ausgezeichnet. Insgesamt erhielt der Martial-Arts-Streifen sieben Oscars.

Weitere Auszeichungen bei der Oscarverleihung gingen an Brendan Fraser für die beste Hauptrolle in „The Whale“, an Sarah Polley für das beste adaptierte Drehbuch von „Die Aussprache“, an Ruth E. Carter fürs beste Kostümdesign in „Black Panther: Wakanda Forever“, der Oscar für den besten Ton ging an „Top Gun: Maverick“ und der für die besten visuellen Effekte an „Avatar: The Way of Water“.

 

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