„Jeder weiß, dass deine Mutter eine Hexe ist“ von Rivka Galchen
In „Jeder weiß, dass deine Mutter eine Hexe ist“ zeichnet Rivka Galchen einen historischen Hexenprozess nach, doch die Parallelen zur Gegenwart sind nicht nur aus feministischer Sicht unübersehbar.
In „Jeder weiß, dass deine Mutter eine Hexe ist“ verhandelt Rivka Galchen so zeitgenössische Themen wie Massenpanik, Halbwissen und Opportunismus.
„Jeder weiß, dass deine Mutter eine Hexe ist“ von Rivka Galchen ist unsere Buchempfehlung der Woche.
Jemand muss Katharina Kepler verleumdet haben, denn ohne, dass sie etwas Böses getan hätte, wird sie eines Morgens im Jahr 1615 zum Vogt vorgeladen. Im Gegensatz zu Kafkas Josef K. erfährt sie den Grund sogleich: Sie soll die Frau des Glasers mit einem Hexentrunk vergiftet haben. Aus einem haltlosen Vorwurf werden immer mehr, Aberglaube und Hysterie greifen um sich. Katharina, die sich lange weigert, sich Sorgen zu machen, sieht bald halb Leonberg gegen sich. Können ihre Kinder, darunter der bekannte Astronom Johannes, ihr helfen?
Die kanadisch-amerikanische Autorin Rivka Galchen kann sich für ihren so düsteren wie warmen Roman auf ungewöhnlich gut erhaltene Quellen berufen und reichert ihn mit mal mehr, mal weniger fiktiven Verhörprotokollen an. Ihre Chronik eines Hexenprozesses zeigt uns eine fremdartige Welt: Deutschland am Vorabend des Dreißigjährigen Krieges, wo eine alte Witwe zur Hexe werden kann, nur weil sie eigenwillig ist und lieber mit Kühen redet als mit Menschen. Zugleich sind Parallelen zur Gegenwart nicht nur aus feministischer Sicht unübersehbar – der zerstörerische Trank aus Massenpanik, Halbwissen und Opportunismus wird noch heute oft genug gebraut. Dass es Katharinas Gegner:innen letztlich vor allem um Profit und Macht geht, zeigt überdeutlich, wie zeitlos ihre Geschichte ist.
Mit „Jeder weiß, dass deine Mutter eine Hexe ist“ hat es Rivka Galchen auf unsere Liste der besten Bücher im Juli 2024 geschafft.