„Die große Uhr“ von Kenneth Fearing: Jage dich selbst
Kenneth Fearing hat die Plot-Idee zwar nicht als Erster entwickelt, doch in „Die große Uhr“ aus dem Jahr 1946 inszeniert er sie außerordentlich elegant.
„Die große Uhr“ von Kenneth Fearing ist unser Krimitipp der Woche.
Erst fliegt der Glasaschenbecher in seine Richtung, dann knallt die Brandy-Karaffe in ihr Renaissancegesicht. Ein nächtlicher Eifersuchtsstreit eskaliert, gegenseitige Anschuldigungen münden in rasende Wut. Im Affekt tötet Earl seine untreue Freundin Pauline in ihrer Wohnung und hat nun ein Problem: Es gibt einen Zeugen, der Earl beim Betreten des Hauses gesehen hat. Es ist Paulines Wochenend-Lover, den Earl jedoch nur im Gegenlicht gesehen hat und der ihm daher unbekannt bleibt. Nur wenn dieser Mann gefunden und skrupellos beseitigt wird, kann Earl ihn als Paulines Mörder dastehen lassen.
Als Leiter eines großen Zeitschriftenverlags in New York hat Earl seinen Rechercheprofi für solche Fälle: George Stroud, der Chefredakteur des True-Crime-Magazins „Crimeways“, wird auf die Fahndung nach dem Unbekannten angesetzt. Doch ausgerechnet George selbst ist der Gesuchte …
„Die große Uhr“ von Kenneth Fearing funktioniert auch als augenzwinkernde Empfehlung für heutige Alphatiere
Ein Unschuldiger muss Jagd auf sich selbst machen und sich vor dem wahren Täter schützen: Kenneth Fearing hat diese Plot-Idee zwar nicht als Erster entwickelt, in seinem Roman aus dem Jahr 1946 jedoch außerordentlich elegant inszeniert. Der spannende Wettlauf gegen die Zeit ist zugleich als Kapitalismuskritik zu lesen. Als kleines Rad im Getriebe des Verlagsbusiness ist George dazu verdammt, sein Leben und sein Schicksal unterzuordnen. Dass man es damals jedoch noch verstanden hat, stilvoll abzutreten, sollte als augenzwinkernde Empfehlung für heutige Alphatiere gesehen werden …
„Die große Uhr“ von Kenneth Fearing ist unser Krimitipp der Woche. Zuletzt haben wir an dieser Stelle „Frau mit Messer“ von Gu Byeong-mo vorgestellt.