„Obsession“ auf Netflix: Unterkühlter Erotikthriller
Was passiert, wenn der Vater eine obsessive Liaison mit der Verlobten seines Sohnes eingeht? Die Serie „Obsession“ auf Netflix zeigt es.
William Farrow (Richard Armitage, „Berlin Station“, „Der Hobbit“) ist ein gefeierte Chirurg und Experte für Kindermedizin. Gerade erst hat er in einer komplizierten Operation zwei siamesische Zwillinge getrennt. Als er mit seiner Frau Ingrid (Indira Varma) und der Tochter Sally auf das Landgut seiner Eltern fährt, kommt auch Sohn Jay (Rish Sha) vorbei. Bei der Gelegenheit erfahren alle, dass Jay eine neue Freundin hat und sie eventuell demnächst mal seiner Familie vorstellen möchte. So harmlos und bieder beginnt der Eroticthriller Obsession, der jetzt auf Netflix gestreamt werden kann.
Obsession: Sex, Lügen und Tod
Noch in der gleichen Woche lernt William auf einem Empfang Anna Barton (Charlie Murphy, „Halo“, „Peaky Blinders“) kennen, die sich ihm sofort als die Neue von Jay vorstellt. Was dann folgt, ist eine über Wochen gehende Sex-Affäre, die von Drehbuchautor Morgan Lloyd Malcolm in Obsession als Vanilleversion von Kink, also als harmlose Variante dessen bezeichnet wurde, was die Buchautorin Josephine Hart in der Vorlage zur Serie, ihrem Roman „Verhängnis“ präsentierte. Doch nicht die TV-gerechte, harmlosere Variante des Sex ist das Problem der Serie: Es ist die Affäre selbst. Sie wird mehr behauptet als gelebt, die Leidenschaft von Anna und William zueinander ist clean, obwohl beide immer wieder im Geheimem zueinander finden.
„Gebrochene Menschen sind gefährlich. Sie wissen, dass sie überleben können.“ Annas Aussage über sich selbst stimmt. Und immerhin erfahren wir im Lauf des Vierteilers ein bisschen darüber, warum diese geheimnissvolle Frau wurde, wie sie ist. Von William aber erfährt man nichts. Nach seiner großen Operation zu Beginn der Serie spielt sein Berufsleben kaum mehr eine Rolle. Immerhin wurde so der hohe Lebensstandard der Familie legitimiert, der es ihm überhaupt erst ermöglicht, Anna selbst bei ihrer Urlaubsreise mit Jay nach Paris zu verfolgen und so gegen jede Abmachung zu verstoßen.
Die Serie Obsession mag als Drama ganz gut funktionieren. Als Erotikthriller ist die Serie zu unterkühlt, sauber. Auch dann, als alles in Scherben liegt und ein Tod zu beklagen ist.