En passant
Mit „Im Jahr des Affen“ erscheint sich Patti Smith ihr Jahr 2016: der Verlust zweier wichtiger Menschen, der 70. Geburtstag und politische Unruhen.
Ein Buch, das den Blick auf das Jahr wirft, in dem unter anderem Donald Trump zum US-amerikanischen Präsidenten gewählt wurde, „Im Jahr des Affen“ zu nennen, ist zunächst erst einmal grenzwertig. Doch Patti Smith nimmt sich das chinesische Sternzeichen des Jahres 2016 nicht für einen hohlen Polit-Kalauer. Ihre dezente Retrospektive lässt vielmehr den Verdacht aufkommen, dass sie sich dieser Möglichkeit gar nicht bewusst war. Stattdessen webt sie geschickt verschiedene Bedeutungsebenen ineinander.
Es geht ums Altern – am Ende des Jahres steht ihr 70. Geburtstag –, um politische Unruhe – ja, der Wahlsieg, aber eben auch die Miniatur-Umwelt-Katastrophe unzähliger Bonbonpapiere an einem kalifornischen Strand – und ums Abschiednehmen. Denn 2016 ist auch das Jahr, in dem zwei für Patti Smith wichtige Menschen das Leben der Musikerin, Schriftstellerin und Fotografin für immer verlassen. Zwischen die Geschehnisse der Gegenwart stellt Smith Träume und Erinnerungen, und es ist sowohl ihr großer Verdienst als Schriftstellerin wie auch das einzige ernsthafte Manko von „Im Jahr des Affen“, dass ihre Leser*innen genauso leicht durch diese Gedankengänge zu schlendern vermögen, wie Smith es selber tut – und wieder hinaus.
Zwar ist es leicht, sich von der traumwandlerischen Stimmung, den losen Assoziationen und dem In-den-Tag-Hineinleben vereinnahmen zu lassen, doch führen die Beiläufigkeit ihrer Sprache und ihr reduzierter, gleichförmiger Stil auch dazu, dass viele der pointierten Momente sich eher behutsam und nach und nach offenbaren. Eigentlich ja schön für ein Memoir, die sonst vor Offenbarungen nicht an sich halten können, doch so bleibt nicht viel von den jetzt schon entfernt wirkenden Erinnerungen an die bewegte Zeit, in denen es entstanden ist.