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„Curious Growth“ von Richie Setford: Eintagsliebe und Turbotrauer

Portraitfoto Richie Setford
(Foto: Merve Terzi)

Richie Setford hat sich lange versteckt. Doch mit den Erkenntnissen von „Curious Growth“ musste er einfach aus der Deckung kommen.

„Es hat bloß 20 Jahre gedauert, um endlich aus dem Versteck zu kommen“, scherzt Richie Setford, der plötzlich mit „Curious Growth“ ein erstes Soloalbum unter bürgerlichem Namen veröffentlicht. Seine Verstecke waren weise gewählt: Seit 2008 veröffentlicht der gebürtige Neuseeländer unter dem Pseudonym Bannerman seine Musik, und ganz nebenbei haben sich beachtliche Backingband-Engagements angesammelt: Kat Frankie, Sean Nicholas Savage, Derya Yildirim und DENA. Dieses bunte Allerlei aus Indierock, 80s-Dance und Arabesk ist beim Soloprojekt des Singer/Songwriters zwar nicht zu erwarten, dennoch legt er mit „Curious Growth“ so ziemlich jedes Gefühl in die Auslage.

Albumcover „Curious Growth“ von Richie Setford

Wie im Zeitraffer durchläuft der Wahlberliner Richie Setford auf den zehn neuen Songs von „Curious Growth“ den emotionalen Stress einer zu Ende gegangenen Liebe: das einmalige Bemühen, es nochmal zu versuchen, das Scheitern, der misanthropische Selbst- und Welthass, das tiefe Grau, das Resozialisierungsprogramm, die Wiederauferstehung – eine Trennungs-Chronik in zehn Akten. Gerade die erste, noch vom zynischen Schleier des Scheiterns bedeckte Hälfte des Albums kommt mit so einer entspannten Ernsthaftigkeit daher, dass sich unweigerlich die Frage stellt: Ist Schlussmachen denn wirklich so schlimm? Die Antwort darauf lässt nicht lange auf sich warten: Nein. Denn spätestens ab Kapitel sechs beginnt eine als zurückhaltende Dreampop-Nummer verkleidete Katharsis. Das „Daylight“ hält wieder Einzug in Setfords Leben: Es wird getanzt und gezwungenermaßen zugegeben, dass Liebe doch irgendwie ganz okay ist.

Ganze fünf Songs und knappe 18 Minuten dauert es, bis aus dem „It’s gonna take a long time to be alright/to love again“ („Mild Psychotic“) ein „It feels good to be loved!“ („Play me that Song I love“) wird. Solch eine flotte Trauerphase wünscht man doch auch all den anderen Musiker:innen, die ganze Karrieren damit verbringen, den tiefen Liebeskummer-Stachel aus ihrer geschundenen Seele zu entfernen. Mit „Curious Growth“ dürfte der Leidensweg für Setford wirklich abgehandelt sein. Wenn er sich jetzt nicht wieder in sein Versteck verkriecht, ist noch Großes zu erwarten.

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