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„Schreib den Namen deiner Mutter“ von Evan Tepest

Portraitfoto Evan Tepest, der das Debüt „Schreib den Namen deiner Mutter“ veröffentlicht
(Foto: Selma Kay Matter)

Dass Traumata im aktuellen Heilungs-Hype zur Ware geworden sind, verkompliziert das Schreiben darüber – was Evan Tepest in „Schreib den Namen deiner Mutter“ mit spielerischem Witz löst.

Durch Ratschläge wie „Trauma sells!“ oder eine über das innere Kind frotzelnde Schwester liest sich das Debüt „Schreib den Namen deiner Mutter“ von Evan Tepest mitunter wie ein Kommentar auf gegenwärtige Heilungsliteratur: weder zynisch noch nach instagramtauglicher Erlösung heischend.

„Schreib den Namen deiner Mutter“ ist unsere Buchempfehlung der Woche.

In Alex’ Familie dominiert das Schweigen. Ein Schweigen, das Gewalt, Depression, Sexualität und eine tiefe Sehnsucht nach Liebe unter sich begräbt. In der Hoffnung, damit zu brechen und endlich einen vermeintlich gehaltvollen Essay zum Thema „Worüber meine Mutter und ich nicht sprechen“ zu schreiben, kehrt Alex aus dem großen Berlin zurück in die Provinzvilla der Mutter, in die NRW-Kleinstadt, wo das Gyros-Restaurant ans Rathaus grenzt und das Schützenfest die innere Ordnung zusammenhält. Trotz des anhaltenden Schweigens brechen allmählich familiäre Traumata auf, und Alex’ Rückkehr in den Nukleus des Unheils wird zum Wendepunkt der eigenen Identität.

Dass Traumata im aktuellen Heilungs-Hype zur Ware geworden sind, verkompliziert das Schreiben darüber – was Evan Tepest mit spielerischem Witz löst. Durch Ratschläge wie „Trauma sells!“ oder eine über das innere Kind frotzelnde Schwester liest sich dieses Debüt mitunter wie ein Kommentar auf gegenwärtige Heilungsliteratur: weder zynisch noch nach instagramtauglicher Erlösung heischend. „Was passiert war, genügte“, heißt es am Ende, als Alex erkennt, dass es womöglich völlig in Ordnung ist, einige Traumata unaufgelöst zu lassen.

Mit „Schreib den Namen deiner Mutter“ hat es Evan Tepest auf unsere Liste der besten Bücher im Mai 2024 geschafft

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