Zum Inhalt springen

„Davenport 160 x 90“ von Sybille Ruge: Faust und Goldzahn

Buchcover „Davenport 160 x 90“ von Sybille Ruge

Mit dem Frankfurt-Noir „Davenport 160 x 90“ springt Sybille Ruge in die Liga deutschsprachiger Autor:innen, die sich nichts vorschreiben lassen.

Der Debütroman „Davenport 160 x 90“ von Sybille Ruge ist ein Frankfurt-Noir, der sich mit Konventionen nicht aufhält. Auftritt Sonja Slanski: lieber Plastiklatschen statt Pumps, Narbe unterm Auge, Hang zur Arroganz und Selbstüberschätzung. Stets einen Spruch auf den Lippen und durch einen scharfen Blick für Details immer leicht angekotzt von der Welt, dem falschen Glamour und dem Markenfetisch. Ein gefälschtes Diplom an die Bürowand genagelt, eine Standardwebsite optimieren lassen – fertig ist Slanskis eigene Inkassofirma in Frankfurt am Main. Klienten, die einen Packen Euros auf den Tisch legen, bekommen von ihr konsequentes Forderungsmanagement. Gibt’s ein Problem, lässt die Amateurboxerin den Goldzahn blitzen und hat Schrankwand Mirko im Schlepp: Wird’s ernst, hat sich die „Golovkin-Masche“ bewährt (den Gegner mit einem Kopfhaken von oben nach unten ausknocken). Slanski liebt Vereinbarungen mit Ausstiegsklausel, beruflich und privat steht immer eine Fluchttür offen. Ihrer neuen Auftraggeberin Catherine Steiner vertraut sie schon deshalb nicht, weil sie den Akzent wechselt und die Ehefrau ihres Lovers A. ist. Die Sache mit der kriminellen Anwaltskanzlei, wegen der Catherine sie engagiert, ist dank Slanskis Russen-Connection schnell vom Tisch. Als jedoch ihre jüngere Halbschwester Luna Moon auftaucht, sich zwischen Erotik und Kunst verortet und kurz darauf in Slanskis Wohnung ermordet wird, bekommt die Sache eine persönliche Wendung. Slanski zieht ins Motel One, messert sich mit einem Albaner und überlegt, ob Changs Kampfhunden Nacho und Tacko noch zu trauen ist.

Sybille Ruge kommt gleich mit ihrem Debüt „Davenport 160 x 90“ so dermaßen elegant und lustvoll locker daher, dass es eine Wohltat ist. Lichtjahre von schablonenhaften Kriminalromanen entfernt, springt sie mit ihrem sprachgewandten Frankfurt-Noir in die Liga deutschsprachiger Autoren, die sich nichts vorschreiben lassen. Pointiert zeichnet Ruge Situationen und Personen, überrascht mit Analogien sowie intelligentem Witz, der selbst Goethe mit Kokosfett in Verbindung bringt. Man kann es nicht anders sagen: Jeder Satz ein Hammer!

Beitrag teilen: