Tamino mit „Sahar“ auf Tour: Drei Konzerte in Deutschland für 2023 geplant
Tamino lehnt Lebensratschläge ab. Doch ein Satz von Nick Cave hat ihn und seine Kunst geprägt – im Februar 2023 ist Tamino auf Deutschland-Tour.
Tamino, dein aktuelles Album „Sahar“ offenbart Zweifel und Fehler, die sich hinter wunderschöner Poesie verstecken. Beim Hören habe ich manchmal gedacht: Oh, das ist ein guter Tipp fürs Leben!
Tamino-Amir Moharam Fouad: Da all unsere learnings auf eigenen Fehlern beruhen, finde ich Lebensratschläge eher lästig. Oft fragen mich Leute nach Ratschlägen, aber jeder muss seine eigenen Erfahrungen machen. Das Schöne ist doch, dass wir in der gesamten Kunstgeschichte immer wieder dieselben Themen verhandeln – die gleichen inneren Kämpfe austragen. Wir haben einen riesigen Pool an dokumentierter Geschichte, können daraus lernen und tun das hoffentlich auch. Dennoch muss jeder seine persönlichen Erfahrungen machen.
Hast du denn mal einen wirklich guten Lebensratschlag bekommen?
Fouad: Puh, da muss ich überlegen … Versuch, jeden Morgen etwas zu schreiben. Selbst, wenn es nur fünf Minuten sind und du es am nächsten Tag wieder verwirfst.
Du hast auf „Sahar“ viel mit dem arabischen Saiteninstrument Oud gearbeitet. Wie ist es dazu gekommen?
Fouad: Das Instrument ist in meinem Leben schon immer allgegenwärtig gewesen. Meine Eltern haben sich früh getrennt, und mein Vater ist dann zurück nach Ägypten. Er hat seine Oud hier in Antwerpen gelassen. Somit ist dieses Instrument emotional aufgeladen. Es ist eine Erinnerung an meinen Vater.
Der arabeske Sound, der dein Album prägt, findet mittlerweile auch im europäischen Pop und HipHop mehr Anklang. Hinsichtlich der langen Migrationsgeschichte in Europa ist es fast überfällig, dass die Musikindustrie diesen Stil aufnimmt, oder?
Fouad: Für mich war dieser Sound in meiner Musik nie ein politisches oder soziales Statement. Es sind ganz organische Inspirationen, die aus der Schönheit selbst entstehen. Aber klar, ich bin mir bewusst, dass die musikalische Repräsentation für viele Leute wichtig ist. Als Künstler:in darfst du dir aber keine Gedanken über die Relevanz deiner Musik machen, sonst blockierst du. Die einzige Maxime, der ich meine Kunst unterwerfe, ist die Schönheit.
Immer wieder lassen sich kleine religiöse Referenzen auf deinem Album finden. Würdest du dich als spirituellen Menschen bezeichnen?
Fouad: Nick Cave hat einmal gesagt: „Religion fragt, Spiritualität sagt“. Ich vermeide den Begriff Spiritualität. Das kann alles bedeuten – jeder ist heute auf irgendeine Art spirituell. Das Fragen finde ich spannender. Religiöse Geschichten haben eine mystische Schönheit, die viel über unsere menschlichen Erfahrungen sagt. Selbst die griechische Mythologie strahlt bis heute in unsere Realität hinein. Die metaphysische Bedeutung einer Geschichte ist teilweise größer als unsere Wirklichkeit.
Interview: Felix Eisenreich
Tickets für die anstehende Tour findest du hier.