„Self Portraits“ von Turi Agostino: Turi – Allein zu Haus
Wenn Turi Agostino für „Self Portraits“ in seinem Zimmer einen gregorianischen Chor in experimentelle Loner-Musik verwandelt, ist Kanye West daran nicht ganz unschuldig.
Turi Agostino, dein Album „Self Portraits“ ist die Essenz aus Sounds und Melodien, die du in den letzten zehn Jahren gesammelt hast. Wie hast du da den Überblick behalten?
Turi Agostino: Ich wusste in diesen zehn Jahren natürlich nie, wofür das alles mal gut sein würde. Vieles ist auch mit der Zeit gewachsen oder wurde von mir überarbeitet.
Ich kann mir vorstellen, dass einige Sachen, die du vor längerer Zeit aufgenommen hast, heute gar nicht mehr deinem Geschmack entsprechen.
Agostino: Das geht mir sogar mit Songs so, die auf dem aktuellen Album sind. (lacht)
„Die letzten Jahre waren teilweise echt hart: Ich habe mich selbst nicht wirklich gemocht, war super unsicher und oft alleine.“ Turi Agostino im Interview zu seinem Album „Self Portraits“
Das Album reflektiert dein Ich- und Erwachsenwerden. Auf „Can you hear the Birds“ wird der Prozess zu einem regelrechten Kampf.
Agostino: Die letzten Jahre waren teilweise echt hart: Ich habe mich selbst nicht wirklich gemocht, war super unsicher und oft alleine. Deswegen ist das Album auch totale Loner-Musik. Ich habe immer krampfhaft versucht, mich zu verändern.
Dieser unbedingte Wille, sich verändern zu wollen, ist aber auch ziemlich gefährlich, oder?
Agostino: Absolut. Früher war ich besessen davon, ein anderer zu werden. Aber du bist nun mal, wer du bist. Ich habe gelernt, mich so zu akzeptieren, wie ich bin. Das ist viel gesünder.
Auf „Symmetry“ deutet sich eine gewisse HipHop-Nähe an.
Agostino: Ich bin schon ein echter Fan … geworden. In der Vergangenheit habe ich auch mit HipHop-Acts wie Cro, Mauli oder Little Simz gearbeitet. Das hat sicherlich dazu beigetragen.
Was sind aktuell deine HipHop-Artists?
Agostino: Mein All-Time-Classic ist „Yeezus“ von Kanye West, und mein neues Guilty-Pleasure ist „Industry Baby“ von Lil Nas X. Aber es gibt noch so viele andere: MC Yallah, eine tolle Rapperin aus Afrika, oder Stormzy.
Du bist, wie man unschwer auf dem Album hört, ein großer Freund des Samplings.
Agostino: Ich bin mit Housemusik und dadurch auch mit Sampling groß geworden. Diesen experimentellen Flair liebe ich einfach. Früher bin ich wie ein Verrückter herumgelaufen und hab’ jeden Scheiß aufgenommen, in der Hoffnung, den später sampeln zu können. Das sieht heute schon etwas anders aus. (lacht)
Und wo hast du den gregorianischen Chor auf „Falling“ her?
Agostino: Das bin tatsächlich ich. Ich ganz alleine, hier in meinem Zimmer.