„Weiße Wolken“ von Yandé Seck
Yandé Seck erzählt ihren Debütroman „Weiße Wolken“ aus der Perspektive dreier ganz gegensätzlicher Figuren und findet einen Ton für deren Weltanschauungen.
Obwohl Yandé Seck Zusammenhänge zwischen Care-Arbeit, Sexismus, Klasse und Race offenlegt und geradezu lustvoll den Finger auf die dazwischen klaffenden Wunden drückt, schließt ihr Roman „Weiße Wolken“ sehr versöhnlich.
„Weiße Wolken“ von Yandé Seck ist unsere Buchempfehlung der Woche.
Frantz Fanon oder Haftbefehl? Unikarriere oder Sozialarbeit? Seit Tagen plagen Zazie Fragen der Zugehörigkeit. Nur eines weiß sie gewiss: Das bürgerliche Leben ihrer großen Schwester Dieo lehnt sie ab. Im Gegensatz zu Zazie spielt Dieos Schwarzsein keine übergeordnete Rolle in ihrem Leben. Sie hat genug damit zu tun, ihre Ausbildung als Psychotherapeutin abzuschließen, drei Söhne durch den Alltag zu schleusen und die schicke Altbauwohnung im Frankfurter Nordend in Schuss zu halten. Ihr Mann Simon, im Dauereinsatz für ein Finanz-Start-Up, ist dabei keine echte Entlastung.
In ihrem Debütroman „Weiße Wolken“ springt Yandé Seck souverän zwischen diesen drei so gegensätzlichen Figuren und ihren Weltanschauungen hin und her, was zumindest so lange als Angebot gegenseitiger Verständigung gedeutet werden kann, bis Zazies Diskriminierungs-Prüfsystem wieder Alarm schlägt. Seck trifft so gut den jeweiligen Ton dieser drei so gegenwärtig großstädtischen Archetypen, dass allein die sprachlichen Trennlinien eine Spannung erzeugen, die kaum noch Plot benötigt. Und doch sind es der Tod des abwesenden Vaters und eine Reise in den Senegal, die alles ändern. Obwohl Seck Zusammenhänge zwischen Care-Arbeit, Sexismus, Klasse und Race offenlegt und geradezu lustvoll den Finger auf die dazwischen klaffenden Wunden drückt, schließt ihr Roman sehr versöhnlich. Ist die Familie – oder wie Zazie es nennt: das Rudel – am Ende doch die Antwort?
Mit „Weiße Wolken“ hat es Yandé Seck auf unsere Liste der besten Bücher im April 2024 geschafft.