„Wo wir sind, ist oben“: Eine Serie, die nicht weiß, wohin sie will
Moralbefreiter Lobbyismus in Berlin. ARD und die ARD-Mediathek zeigen die Serie „Wo wir sind, ist oben“ des Regisseurs Wolfgang Groos mit Helgi Schmid und Nilam Farooq in den Hauptrollen.
In der ARD und in der ARD-Mediathek startet eine achtteilige Serie, die im Herzen von Berlin spielt und sich halbkomisch den Lobbyismus im Vorfeld von Regierungs- und Parlamentsentscheidungen vornimmt: „Wo wir sind, ist oben“.
Um den alles dominierenden Lobbyismus in der Politik, gezeigt am Beispiel von Max Lentor (Helgi Schmid, „Schlafende Hunde“, „How to Dad“) auf der einen und Valerie Hazard (Nilam Farooq, 791 km“, „Freibad“, „Contra“) auf der anderen Seite. Er ist der Star der Lobbyfirma ABC & Partner, sie als neue Aufstrebende bei der Konkurrenz von Pegausus Consultings. Schon bald sehen sich beide als scharfe Widersacher, doch der Umgang miteinander ist von subtilen Botschaften ganz anderer Art geprägt. Im Grunde kann „Wo wir sind, ist oben“) mit der Serie „Bad Banks“ verglichen werden. Dort wurde das Finanzwesen unter die Lupe genommen, das selbst grüne Start-ups korrumpiert, hier nun ist es der Lobbyismus, der jegliche gerade Politik zerstört. Statt dessen: Politikerinnen, NGO-Vertreter und Ministerinnen sind lediglich Marionetten in den Händen der Akteure des Lobbyismus und dessen „Erzählungen“. Vom Gendern über die die Senkung der Hormonwerte im Trinkwasser bis hin zum Kampf gegen den Braunkohleabbau in der Lausitz: Nichts ist ein Wert an sich, sondern nur dann unterstüzenswert, wenn es der Machterhalt oder einem Punktsieg dient. Diesem Lobbyismus mal auf den Grund zu gehen, wäre eine große Aufgabe für eine Serie. Leider tut das „Wo wir sind, ist oben“ nicht. Sicher, die Kämpfe zwischen Lax Lentor und Valerie Hazard sind kurzweilig und laden ein weiterzuschauen, doch eine ernsthafte Fragestellung zum Problem des Lobbyismus in der Politik gibt es nicht, der ist lediglich die Spielwiese der Serie. Dazu passen die Charaktere des Personals: zu grell ausgeleuchtet und nicht tiefgründig genug. Valerie Hazard die taffe und emanzipierte Frau, die nach eigenen – wirklich wahren? –Angaben bei der Mafia das Schießen lernte und keinem One-Night-Stand aus dem Weg geht; Max Lentor, der seine in der Lausitz liegende Vergangenheit verbirgt und mit einer – vielleicht in Teilen sogar wahren – Legende überlagert und sich ansonsten rührend um seine ungewollt schwanger Schwester (Valerie Stoll („Eldorado KaDeWe“) kümmert: Alles wirkt platt und unglaubwürdig, was nicht an Helgi Schmid und Nilam Farooq liegt: Drehbuch und Regie haben hier sehr oberflächlich gearbeitet. Regisseur Wolfgang Groos („Faking Hitler“, „Enkel für Fortgeschrittene“) hat in der Vergangenheit gezeigt, dass er auch zynisch kann, hier aber im Genre Dramedy konnte er sich nicht entscheiden, wohin die Reise gehen soll.
Noch etwas zur linearen Ausstrahlungszeit. Fußball-EM hin oder her: Wenn man schon eine solche Serie produziert, sollte sie linear auch zur Prime Time ausgestrahlt werden. Statt dessen strahlt die ARD „Wo wir sind, ist oben“ mit jeweils vier Folgen auf zwei Nächte verteilt ab leicht vor bzw. leicht nach Mitternacht aus: Wahrscheinlich denken sich die Verantwortlichen: Wass soll’s, wozu haben wir die Mediathek!