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„The Dream“ von Alt-J: Mörderballaden

Bandfoto Alt-J
(Foto: George Muncey)

Alt-J gelten als verkopft. Dabei hat das britische Indietrio durchaus Spaß – der eben ein bisschen eigenwillig ist.

Joe, Gus, auf dem Bildschirm sieht es aus, als ob ihr in einem Gartenhäuschen hockt.

Gus Unger-Hamilton: Das ist Joes kleine Hütte.

Joe Newman: Ich hätte es jetzt eher als mein bescheidenes Heimstudio bezeichnet.

Gus: Hauptsache, du sagst nicht, es sei deine Männerhöhle. Ich hasse dieses Wort, alle benutzen es gerade, dabei trieft es vor Klischees. Das klingt dann so, als würden wir hier mit unseren Keulen rumsitzen.

Newman (lässt die Zoom-Kamera umherstreifen, öffnet die Tür, der Blick fällt auf einen Garten mitsamt Teich)

Unger-Hamilton: Joes Garten ist eine der coolsten Sachen überhaupt an ihm.

Ist ein Alt-J-Album wie „The Dream“ nicht auch so eine Art Garten? Überall gibt es unterschiedliche Blumen, und an jeder Ecke sind kleine Details zu entdecken.

Newman: Ein sehr freundlicher Vergleich, danke. Wir hoffen beim Schreiben immer, dass wir eine Platte hinbekommen, bei der es ganz lange dauert, bis sie langweilig wird. Jedes unserer Lieder soll Augenblicke haben, die dich aufhorchen lassen.

Unger-Hamilton: Willy Wonka aus dem Film „Charlie und die Schokoladenfabrik“ hat einen Kaugummi erfunden, der seinen Geschmack nicht verliert. Wir sind die Willy Wonkas der Musik.

„The Dream“ ist euer am wenigsten introvertiertes Album. Früher habt ihr euch ein bisschen versteckt, jetzt fahrt ihr im Video zu „U&ME“ sogar Skateboard. Seid ihr lockerer geworden?

Unger-Hamilton: Das ganze Album ist von seinem Grundgefühl her ziemlich optimistisch und nach vorne preschend. Da spielt auch die Freude mit rein, die wir für uns und für unsere Musik empfunden haben, als wir nach unserem Pausenjahr dann Anfang 2020 wieder zusammengekommen sind. Wir drei kennen uns ja schon seit 15 Jahren, da stimmt einfach die Chemie.

Newman: Wir fanden die selbstauferlegte Regel irgendwann trist, niemals in unseren eigenen Videos zu agieren. Also haben wir sie gebrochen. Dass wir den Clip ausgerechnet im Skatepark drehen, war die Idee von Gus’ Bruder, der ihn inszeniert hat. Zum Glück wurde niemand ernsthaft verletzt. Wir haben einen Blitzkurs gemacht, aber als Männer in den 30ern wissen wir, dass es keinen Spaß mehr macht, sich auf die Fresse zu legen.

Wovon handelt das sehr zärtliche Stück „Get better“?

Newman: Das habe ich für meine Partnerin Darcy geschrieben, als es ihr nicht gut ging. Sie ist die eine Person im Leben, die ich wirklich unter keinen Umständen verlieren möchte.

Dagegen sind „Losing my Mind“ und „Happier when you’re gone“ cineastische, von wahren Verbrechen inspirierte Songs.

Newman: Ja, das sind Mördergeschichten mit sehr viel dunklem Humor. Ich bin total fasziniert von allem, was mit True Crime zu tun hat. Ich liebe zum Beispiel den Podcast „My favourite Murder“. Wenn ich Geschichten über die schlimmsten und abgründigsten Seiten des Lebens höre, fühle ich mich seltsamerweise beschützt und geborgen.

Hast du einen Lieblingsmord?

Newman: (lacht) Nein. Ich mag alle Morde gleich gern.

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