„Aufzeichnungen aus der Höhle“ von Joshua Cohen
Die Essaysammlung „Aufzeichnungen aus der Höhle“ beweist: Joshua Cohen zählt zu den aufregendsten neuen Stimmen aus den USA.
Joshua Cohen gilt als eine der aufregendsten neuen Stimmen aus den USA, doch genauso gut kann man ihm eine alte Stimme attestieren: nicht alt im Sinne von altbacken, sondern geprägt von Geschichte und Tradition, seinen literarischen Vorgängern – und natürlich dem Judentum. In dieser von Übersetzer Jan Wilm kuratierten Essaysammlung werden das umfangreiche Wissen, der originelle Zugriff auf diverse Themen und der Sprachwitz des Autors deutlich, wobei sich die Texte grob in zwei Kategorien einteilen lassen: Würdigungen von Schriftsteller:innen wie Franz Kafka, Thomas Pynchon oder Eimear McBride auf der einen, politische Schriften und Reportagen auf der anderen Seite.
So schreibt er kurz nach der US-Wahl 2016 über seine Heimatstadt Atlantic City und über Donald Trump, dem dort mehrere Casinos eingegangen sind, rezensiert Jared Kushners Autobiografie, indem er ihn als den wahren Gewinner von Trumps Präsidentschaftsperiode entlarvt, schreibt schon 2018 hellsichtig über das Verhältnis zwischen Israel und den USA und nimmt die vielen inneren Widersprüche vorweg, die seit dem 7. Oktober 2023 offensichtlich zutage liegen. Auch mit dem Hamas-Anschlag selbst beschäftigt er sich in einem zwischen Galgenhumor und Verzweiflung schwankenden Essay. Vielleicht der spannendste Text allerdings, der Cohens Wissen, Meinungsstärke und Humor am besten demonstriert, ist die Rezension einer Biografie des verstorbenen Philip Roth, die er aus der Perspektive von Roths Gespenst erzählt.
Mit „Aufzeichnungen aus der Höhle“ hat es Joshua Cohen auf unsere Liste der besten Bücher im November 2024 geschafft.