Ende gut, nicht alles gut
Mit „Die Jahre ohne uns“ entwirft Barney Norris poetische Psychogramme – und begeht am Ende leider doch einen schweren Fehler.
Das Leben ist weit fortgeschritten, Manches bleibt unverarbeitet und Vieles ist eingepackt in poetischen Erinnerungen: So klingt es, wenn man der Erzählerin durch ihren monotonen Alltag folgt. Doch trotz der ernüchternden bis schmerzenden Erfahrungen, fasst sie das Erlebte in feinfühlige Worte. Was melancholisch klingen mag, zeugt von einem genauen Hinsehen: „Jeder von uns könnte jeder andere sein, wären wir bloß in das richtige Leben hineingeboren.“ Wer so einen sinnlichen Blick auf die Welt hat, kann noch nicht ganz aufgegeben haben. Vorerst endet ihre Geschichte in einer Hotelbar, dem Ort, an dem sich alles ändert. Hier beginnt die Erzählung des zweiten Protagonisten, einem Mann, dem Ähnliches widerfahren scheint. Auch er berichtet von verlorener Zeit, von einem Menschen, mit dem er alles hätte teilen wollen – und es aber doch nicht konnte. Stattdessen ist er in konstruierten Welten gefangen geblieben, die ihn davon abgehalten haben, sich mit dem wirklichen Leben auseinanderzusetzen. Am Ende blickt er auf Fehler, falsche Entscheidungen, aber auch auf eine große Chance … Barney Norris ist ein sensibler Roman gelungen, der mit viel Empathie seine Figuren zeichnet, die am Lebensende stehen und plötzlich alle Möglichkeiten zurückgewinnen. Aber trotz dieser liebenswerten Betrachtungen driftet Barney Norris in Kitsch ab, den diese Geschichte nicht verdient hat. Sein erkenntnisreicher Umgang mit Lebensentwürfen hätte ohne Pilcher-Schluss stärker gewirkt.
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