Barbarische Flut
Christoph Ransmayr stellt in seinem alptraumhaften Roman „Der Fallmeister“ die Frage: Wie fallen Menschen in die Barbarei zurück?
In etwa 200 Jahren: Europa ist in Kleinststaaten zerfallen, die USA sind nur noch ein Rumpfstaat, Asien bestimmt die Weltpolitik, und die multinationalen Konzerne bestimmen den ganzen Rest. Die Ursache für dieses postapokalyptische Szenario ist der Klimawandel, der von den österreichischen Alpen bis an den Mekong und den Amazonas alles auf den Kopf gestellt hat. In diese Welt schickt Christoph Ransmayr mit seinem ersten Science-Fiction-Roman einen Hydrotechniker aus der Grafschaft Bandon, die irgendwo im heutigen Österreich zu verorten ist.
Der Vater war mal Fallmeister an einer komplizierten Schleuse, als es diesen Beruf noch gab, jetzt betreibt er ein Museum. Als er bei einer Feierlichkeit fünf Menschen in der Schleuse zu Tode bringt, glaubt der Sohn felsenfest, dass es Mord war. Christoph Ransmayr stellt in diesem alptraumhaften Roman die ganz große Frage: Wie fallen Menschen in die Barbarei zurück? Er stellt sie am Beispiel Kambodschas und der Roten Khmer genauso wie am Beispiel der Weltkriege, die die zerfallenden Großmächte führen. Sein Held bettet diese Themen in seine fiebrige Suche ein: nach der Schwester, die er inzestuös liebt, nach seinem Vater, den er mit seinen Morden konfrontieren will, und nach seiner Mutter, die aufgrund einer rassistischen Säuberung aus der Grafschaft deportiert worden war.
Mit „Der Fallmeister“ hat es Christoph Ransmayr auf unsere Liste der besten Bücher im April 2021 geschafft.