„Diagnosis“ von Sen Morimoto: Wer braucht schon Ritalin?
Wenn Sen Morimoto zwischen Rap, Rock und Jazz den kapitalistischen Kollaps prognostiziert, ist das nichts für schwache Nerven – macht aber Spaß!
Klangpuristen gehen jetzt bitte in Deckung, denn Sen Morimoto fährt auf seinem dritten Album auf, was geht: Jazz-Bläser und Klavier-Salti, Rock-Gitarren und Rap-Einlagen, Flöten-Pop und Alternative-Drums – in „Diagnosis“ stecken so viele Einflüsse, dass man Morimoto eine Packung Ritalin reichen möchte. Dabei ist „Diagnosis“ die logische wie großartige Weiterentwicklung des Chicagoer Musikers mit japanischen Wurzeln.
Straight hat er sich vom Tellerwäscher zum Label-Miteigentümer und Szene-Tausendsassa gewandelt. Hat er auf seinen beiden ersten Alben schon Jazz mit Rap zu entrückter Gesellschaftskritik gepaart, diagnostiziert er nun den kapitalistischen Kollaps. Es ist tatsächlich ziemlich beanspruchend und lässt kaum eine ruhige Minute zum Durchatmen, wenn Morimoto wie Jason Mraz im Schleudergang oder Ben Folds auf Speed klingt. Wäre da nicht die kurzzeitige Crooner-Erholung mit „Pressure on the Puls“ – man bräuchte einen langen Atem für diese Platte.