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Die besten Romane 2020: Fünf Empfehlungen für den August

Die besten Romane im August 2020

Perfekte Romane für laue Sommerabende: Die besten Bücher im August mit Kristof Magnusson, Nina Bußmann, Sebastian Janata, Iván Repila und Maria Peters.

Die besten Bücher im August 2020: Maria Peters erzählt die schwierige Karriere der Dirigentin Antonia Brico – und das ist auch nach 100 Jahren leider noch nötig. Ebenfalls auf unserer Liste der besten Bücher im August 2020 steht Iván Repila, der sich die Frage stellt, ob ein Mann ein Feminist sein kann. Nina Bußmann schafft es in „Dickicht“ mit sprachlichem Geschick, durch das dichte Geflecht dreier ganz unterschiedlicher Lebens- und Gedankenwelten zu führen.

Nicht ganz an die Spitze unserer Liste der besten Bücher im August 2020 hat es Kristof Magnusson geschafft. Dennoch beeindruckt „Ein Mann der Kunst“, weil Magnusson nicht nur die abgehobene Kunstszene entlarvt, sondern jegliche Unsicherheiten, die Menschen nun mal an sich haben. Spitzenreiter ist in diesem Monat ein Quereinsteiger, denn Sebastian Janata ist eigentlich Produzent und Schlagzeuger der Gruppe Ja, Panik. Mit „Die Ambassadorin“ legt er nicht nur eine ungemein spannende Coming-of-Age-Geschichte vor, sondern etabliert auch gleich noch ein neues, längst überfälliges Genre: den feministischen Heimatroman.

die besten Bücher im August 2020: „Die Dirigentin“ von Maria Peters5. Maria Peters Die Dirigentin

Maria Peters hat das Leben von Antonia Brico nicht nur verfilmt und dazu das Drehbuch geschrieben, sie hat über Brico auch einen Roman verfasst. Warum aber erzählt Maria Peters die Geschichte, die in den 20er- und 30er-Jahren ihren Anfang nimmt, als historisches Drama nach, anstatt sie ins Jetzt zu versetzen? Schließlich kämpfen ja auch heute viele Frauen in der Klassik um Anerkennung. „Ich habe tatsächlich sehr mit der Entscheidung gerungen, welchen Teil von Antonias Geschichte ich erzählen möchte“, sagt Peters im Interview mit kulturnews. „Sie hat so ein außergewöhnliches Leben geführt. Schließlich habe ich mich für die Zeit entschieden, in der sie den Entschluss gefasst hat, Dirigentin zu werden – obwohl eine Frau in dieser Rolle zu ihrer Zeit noch unerhörter war als heute. Die Frage, ob ich den Roman in der heutigen Zeit erzählen möchte, habe ich mir allerdings nie gestellt.“

Maria Peters im Interview zu „Die Dirigentin“

Hoffmann und Campe, 2020, 336 S., 16,99 Euro

Aus d. Niederl. v. Stefan Wieczorek

 

Die besten Bücher im August 2020: „Der Feminist“ von Iván Repila4. Iván Repila Der Feminist

Kann ein Mann ein Feminist sein? Diese Frage stellt Iván Repila – und die Gegenfrage irgendwie auch gleich mit: Wieso, geht es beim Feminismus nicht eigentlich um Frauen oder so? Aber mal halblang, erstmal: Ein namenloser Journalist, der sich sonst nie mit Feminismus befasst hat, hat ein Schlüsselerlebnis, als einer seiner zwei Mitbewohner einen heimlich selbstgedrehten Porno in ihrem WG-Messenger-Chat teilt. Als unsere Hauptfigur fragt, ob die Frau, die da zu sehen ist, dem Filmen zugestimmt hat, brandmarken ihn seine Mitbewohner als Feminist. Der frischgebackene Gleichberechtigungskämpfer eignet sich das Label allerdings an, geht auf Vorträge – und verliebt sich da in die selbstbewusste, superschlaue Najwa. Die gibt ihm zuerst Literaturhinweise und erklärt ihm später dann auch noch geduldig die ganzen Autorinnen, die er nicht verstanden hat. Nach und nach mausert er sich zum Diskursdurchschauer und entdeckt überall die Ausläufer des Patriarchats; zunehmend eckt er im Umgang mit Freund*innen und Familie an – auch, weil er etwa Angehörige, die sich über sexuelle Übergriffe beschweren, fragt, warum sie denn nicht endlich auf die Barrikaden gehen. Seine Frustration mit den Gegebenheiten und dem langsamen Fortschritt der Befreiungsbewegung spitzt sich zunehmend zu, bis er nach einem Streit mit seiner Mutter einen wahnsinnigen Plan ausheckt.

Suhrkamp, 2020, 224 S. 16 Euro

 

Die besten Bücher im August 2020 „Ein Mann der Kunst“ von Kristof Magnusson3. Kristof Magnusson Ein Mann der Kunst

Es ist ja fast schon ein Klischee: das Bild vom grummeligen alten Mann, dem verschrobenen Künstler, der sich vom Menschen distanziert und sich letztlich doch erweichen lässt. Ganz und gar nicht abgedroschen klingt das jedoch, wenn Kristof Magnusson es entwirft. Der Förderverein eines Museums will seinen geplanten Neubau dem renommierten, aber sehr eigenwilligen Künstler KD Pratz widmen. Ein exklusiver Besuch seines Ateliers soll jegliche Zweifel an dem Bauvorhaben ausräumen. Doch der Trip zur Künstlerburg am Rhein wird zur nervenaufreibenden Begegnung, bei der kein Platz für Eitelkeiten bleibt. Mit ausgeprägtem Fachwissen über die Kunstwelt und ihre Absurditäten blickt Magnusson lebendig-humorvoll und tiefsinnig zugleich hinter menschliche Fassaden. Er deckt Verhaltensmuster auf, die sich in kleinsten Gesten, kaum merklichen Blicken oder Bemerkungen offenbaren. Mit flüssig-unterhaltsamem Stil zeigt Magnusson, worum es Menschen wirklich geht und welche Absichten sich hinter welchen Reaktionen verbergen. Damit entlarvt er nicht nur die abgehobene Kunstszene, sondern jegliche Unsicherheiten, die Menschen nun mal an sich haben.

Kunstmann, 2020, 240 S., 22 Euro

 

Die besten Bücher im August 2020 „Dickicht“ von Nina Bußmann2. Nina Bußmann Dickicht

Drei Menschen, drei ganz unterschiedliche Leben: Was die Protagonist*innen Ruth, Katja und Max vereint, ist der stete Kampf zwischen Abhängigkeit und Abgrenzung. Während die alkoholsüchtige und prekär lebende Ruth möglichst selbstständig zurechtkommen will, suchen Kursbetreuerin Katja und Erzieher Max die Verbindung zu Menschen, denen sie helfen können und die ihnen so Halt verleihen. Ganz für sich allein kann keiner der Drei sein. Inmitten des Großstadtlebens begegnen sie jeweils vermeintlichen Verbündeten, die sie ein Stück weit begleiten: Ruth wacht nach einem schweren Sturz im Krankenhaus auf und lernt die hilfsbereite Mitpatientin Katja kennen, der sie sich anvertraut. Von anderen gebraucht zu werden, lässt Katja sich erst lebendig fühlen. Für andere da zu sein, eine Aufgabe zu haben, das ist es, was auch bei Max für Struktur und Orientierung im Leben sorgt. Als Aktivist in einem linken Kollektiv glaubt er, Ruth bei ihren Mieterproblemen helfen zu können. Neben dem Kontakt zu einer spirituellen Lebensberaterin geben ihm diese Verbindungen einen „verlässlichen Rhythmus“ in seinem Leben. Nina Bußmann schafft es mit sprachlichem Geschick, durch das dichte Geflecht dieser Gedanken- und Lebensstrukturen zu führen. Der Wunsch nach Klarheit, sich durch die teils verworrenen Erzählstränge und Zeitebenen durchzuarbeiten, lässt einen die Lage der Hauptfiguren mitfühlen, ohne dabei die Distanz zu verlieren.

Suhrkamp, 2020, 317 S., 24 Euro

 

Die besten Bücher im August 2020 „Die Ambassadorin“ von Sebastian Janata1. Sebastian Janata Die Ambassadorin

Unser Spitzenreiter auf der Liste der besten Bücher im August 2020: Mit „Die Ambassadorin“ legt Quereinsteiger Sebastian Janata nicht nur einen wunderbar skurrilen Debütroman vor. Der Musiker etabliert auch gleich mal ein neues, längst überfälliges Genre: den feministischen Heimatroman. Der junge Hugo Navratil ist seiner österreichischen Heimat entkommen, doch für die Beerdigung von Onkel Beppo fliegt er von Berlin zurück ins Burgenland. Der alte Nachbar war für Hugo einst wie ein Großvater, mit dem er auf die Jagd gegangen ist und von dem er viel über das Leben gelernt hat. Doch bei der Beerdigung tauchen plötzlich zwei rätselhafte Frauen auf, die sich als Verwandte von Beppo ausgeben und nach einer antiken Flinte suchen. Nach und nach erfährt Hugo von einer Vereinigung, in die auch Beppo verstrickt gewesen ist. „Ganz eigentlich ist das Matriarchat natürlich keine Utopie, aber ich finde es immer wieder lustig, in Gedankenexperimenten ein Matriarchat ins Spiel zu bringen“, sagt Janata im Gespräch mit kulturnews. „Wir leben ja in einem Patriarchat – und das ist für alle scheiße! Die Frage ist, wie wir zu einer Gesellschaft kommen, in der alle Menschen so sein können, wie sie sind. Deswegen verhalte ich mich wie bei Gehaltsverhandlungen: Wenn man 500 Euro Gage für eine Performance haben will, fragt man nach 1000 Euro. Und wenn man sich statt dem Patriarchat nach einer freien Gesellschaft sehnt, fordert man eben das Matriarchat. Die Diskussion darüber macht zwangsläufig die herrschenden Missstände sichtbar.“

Sebastian Janata im Interview zu „Die Ambassadorin“

Rowohlt Hundert Augen, 2020, 320 S., 22 Euro

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