„Die Hochzeit“: Jan Georg Schüttes neuester Streich

Und wieder eine Improcomedyserie von Jan Georg Schütte: Im Ersten und in der ARD-Mediathek läuft nach „Das Begräbnis“ und „Das Fest der Liebe“ jetzt „Die Hochzeit“ mit einer hanebüchenen Geschichte rund um eine Fake-Hochzeit.
Jan Georg Schütte ist der Meister der improvisierten Comedyserie, „Das Begräbnis“ und „Das Fest der Liebe“ sind dafür hervorragende Beispiele. In der Serie „Kranitz – Bei Trennung Geld zurück“ widmete sich der nur auf den ersten Blick als Zyniker erscheinde Regisseur schon einmal dem Thema Ehe. Jetzt startet im Ersten und in der ARD-Mediathek seine neue Serie „Die Hochzeit“. Und die liefert einen unglaublichen Plot zwischen absolutem Nonsens und ernstzunehmender Tragik.
In seiner neuen Serie „Die Hochzeit“ lässt Jan Georg Schütte die Generation Social Media mit ihrer Follower-Fixierung, ihren Business-Launches und ihrer kompletten Verwertung des analogen Lebens im Digitalen auf einer Elterngeneration treffen, die entweder noch im rückständig-alpinen Österreich beheimatet ist oder in einem Ostdeutschland, das noch immer den ökonomischen Anschluss an den Westen sucht. Konkret: Jäckie (Luise von Finckh, „Schlafende Hunde“, „Bonn – Alte Freunde, neue Feinde“) und Lukas (Felix Kreutzer, „Biester“) wollen eine Heirat für die sozialen Medien simulieren, um so ihr Business – moderne Hochzeitsmode – zu launchen. Gleichzeitig will Lukas damit sein ramponiertes digitales Image wieder auf Vordermann bringen, indem er sich als Vorzeigefeminist geriert, der nicht im klassischen Anzug, sondern im Rock vor den Traualtar tritt. Inszeniert wird das alles von Jackies Freundin Simone (Lena Klenke, „Loving her“, Die nettesten Menschen der Welt“), einer Plattitüden-Feministin mit Kontrollzwang und oberlehrerinnenhaftem Auftreten. Während Lukas’ Vater, der verwitwete Johann Pichler (Tobias Moretti, „Das Netz – Prometheus“, „Euer Ehren“), zwar alles zahlt, ansonsten aber völlig überfordert wirkt, weil er mit sich selbst und mit seiner Schwägerin Debbie (Sonja Romei, „Euer Ehren“) und ihrer gemeinsamen traumatischen Vergangenheit beschäftig ist, haben Jackies Eltern einen ganz anderen Auftritt: Ihre Mutter Anja Hell (Anja Kling, „Wunderschöner“) schleppt mit dem Kindsvater Thorsten Meurer (Devid Striesow, „Where’s Wanda?“, „Das Fest der Liebe“) und ihrem Gatten Carsten Hell (Martin Brambach „Parlament“) gleich zwei Männer an, die sich das Revier streitig machen. Gemeinsam haben die Drei nur eines: Sie wollen sich durch die Heirat ihrer Tochter in die Luxushoteliersfamilie gesundstoßen und so endlich ihr eigenes Hotelprojekt vorantreiben.

Foto: Foto: © ARD Degeto Film/Florida Film GmbH/Ricardo Gstrein
Dass dieses toxische Gemisch aus Heimlichkeiten, Lügen und ständigem Intrigieren nicht albern wirkt, liegt sowohl am Drehbuch als auch am Ensemble. Schütte holt sich ja immer Schauspielerinnen und Schauspieler, die improvisieren können, aber diesmal ist fast nie Leerlauf im Spiel, alle erwecken sie aus ihren Rollenprofilen wirklich fast immer die beste spontane Handlung und ziehen jede Plotänderung plausibel durch. Ob nun die ostdeutschen Prolls – Anja Kling, Martin Brambach, Devid Striesow – oder die Alpenhoteliers – Tobias Moretti, Sonja Romei –, alle Parteien wahren die Balance zwischen Comedy und Tragik, vor allem Rometti und Romei auf der Zielgeraden. Dann aber sorgt Jan Georg Schütte, der schon wiederholt der Ernshaftigkeit durch Komik zur Geltung verhalf, für eine Wendung im Plot, die man dem Regisseur und Autor hier nicht zugetraut hätte und die der Serie eine ganz neue Qualität verleiht.