Im Netz
Doris Knecht gelingt es mit ihrem Roman „Die Nachricht“, völlig unpeinlich und realistisch von Ü-40ern auf Social Media zu erzählen.
Eine Frau mittleren Alters – verwitwet, kreativ tätig, ein klein bisschen berühmt – verliebt sich. Und zur selben Zeit fängt der Horror an: Sie erhält anonyme Nachrichten auf Facebook, die zu viele Details über ihre Familie beinhalten, als dass sie von Internettrollen stammen könnten. Doris Knecht erzählt diese zugegebenermaßen etwas holzschnittartige Geschichte mit einem meisterhaften Tempo und einer der Thematik gebührenden Subtilität – so wird aus dem Rohmaterial weit mehr als die Summe der Teile.
Selbst die Nebenfiguren sind lebendig, die Hauptfigur umso mehr, und es gelingt ihr, diesen Stoff über das zentrale Whodunit zu erheben. Geschickt unterfüttert Doris Knecht die zentrale Handlung mit Szenen aus dem Arbeitsalltag ihrer Protagonistin, die Sexismus und Benachteiligung aufzeigen, ohne zu einem Planspiel zu werden. Es gelingt ihr sogar, völlig unpeinlich und realistisch von Ü-40ern auf Social Media zu erzählen. Ohne Witz, das muss man erst mal schaffen. Einziges Manko: Trotz aller Subtilität löst die Handlung schlussendlich einfach nicht ein, was sie aufmacht, und der Plot endet ebenso plötzlich wie vorhersehbar. Das ist allerdings zu verkraften, denn „Die Nachricht“ lädt eh dazu ein, auf halber Strecke das Buch in den Hintergrund treten zu lassen – und die echte Welt in Augenschein zu nehmen. Da ist das Ende vor allem eins: realistisch.