„Griechischstunden“ von Han Kang
„Griechischstunden“ von Han Kang ist auch eine Liebesgeschichte, primär allerdings eine Liebes-, und manchmal gar eine Hasserklärung, an die Sprache.
Sind ihre Hauptfiguren in „Griechischstunden“ von Han Kang anfangs noch formell klar getrennt, indem die Kapitel der Schülerin in der dritten, die des Lehrers in der ersten Person geschrieben sind, verwischen die Grenzen mit der Zeit immer mehr, bis zum poetischen Ende.
Wer lernt heute noch freiwillig Altgriechisch – noch dazu in Südkorea? Han Kangs Protagonistin hat einen so konkreten wie ungewöhnlichen Grund: Nach der Scheidung und dem Verlust des Sorgerechts für ihren Sohn hat sie die Fähigkeit zu sprechen verloren. Beim letzten Mal hat ihr das Erlernen einer Fremdsprache geholfen, die Worte zurückzuerlangen, dieses Mal soll es eben Griechisch sein. Doch auch ihr scheinbar stoischer Lehrer hat ein Geheimnis: Er verliert zunehmend das Augenlicht und muss seine Lektionen im Voraus auswendig lernen, weil er die Tafel nicht mehr lesen kann. Erst nach und nach nähern sich die beiden einsamen Seelen einander an …
Hans Roman ist auch eine Liebesgeschichte, primär allerdings eine Liebes-, und manchmal gar eine Hasserklärung, an die Sprache. Bevor sie verstummt ist, hat die namenlose Heldin Literatur unterrichtet und Gedichte geschrieben, sie hat sich zeitweise fast als Gefangene der Wörter gefühlt. Ihr Lehrer wiederum ist zwischen Korea und Deutschland aufgewachsen und hat einst eine Taubstumme geliebt, kennt sowohl die einende als auch die trennende Funktion der Sprache. Auch in Hans eigener Sprache wird diese Doppelrolle deutlich: Sind ihre Hauptfiguren anfangs noch formell klar getrennt, indem die Kapitel der Schülerin in der dritten, die des Lehrers in der ersten Person geschrieben sind, verwischen die Grenzen mit der Zeit immer mehr, bis zum poetischen Ende.
Hat es Han Kang mit „Griechischstunden“ auf unsere Liste der besten Bücher im März 2024 geschafft?