„Große Kunst“ von Betterov: Die Flucht in Richtung Kunst
 
						Hinter ausladenden Produktionen versteckt Betterov kleine Geschichten. Sein zweites Album „Große Kunst“ erzählt von DDR-Traumata und Post-Wendezeit.
Wer Betterov kennt, weiß: Er scheut weder Theatralik noch Pathos. Theatervergangenheit eben. Dass sein zweites Album nun den Titel „Große Kunst“ trägt, ist da nur konsequent. Groß produziert, vom Orchester getragen, geleitet Betterov durch – nun ja – kleine Geschichten: Dramen auf zwölf Quadratmetern. Dabei malen die von Intermezzi eingerahmten Songs ein größeres Bild, in dem der 1994 geborene Manuel Bitterov in die Provinz Thüringens zurückkehrt, wo Traumata hinter Gardinen hervorlugen, wo nur noch eine Wiese an eine gesicherte Grenze und die Nacht des 17. Julis 1989 erinnert, als Betterovs Vater in ein freies Land geflohen ist.
Wie um einen Fixstern dreht sich alles um den nach jenem Datum betitelten Song. Betterov erzählt von Stasi-Schikane („18. Juli 1989“) und transgenerationaler Paranoia („Sag nicht deinen Namen“), aber eben auch von einer Post-Wendezeit und ihrer Gewalt, und legt mit dem Titelsong frei, was unter dem landläufigen „Abgehängtsein“ verborgen liegt. Heute ist Betterov jener Welt in Richtung Kunst (Berlin) entflohen. Das Happy End, das er sich im epischen Opener wünscht, scheint dem traurigen Geschichtenerzähler jedoch noch nicht vergönnt zu sein. Die Vergangenheit so zu entwirren und nebenbei noch Postpunk-Hits wie „So high“ unterzujubeln, könnte aber ein Anfang sein.