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„Phlox“ von Jochen Schmidt: Die vergängliche Schönheit der Idylle

Buchcover „Phlox“ von Jochen Schmidt

Jochen Schmidt hat mit seinem neuen Roman „Phlox“ dem Ort Schmogrow im Oderbruch ein literarisches Denkmal gesetzt.

„Phlox“ von Jochen Schmidt ist unsere Buchempfehlung der Woche.

Ganze sieben Mal taucht das Wort „Phlox“ in Jochen Schmidts Roman auf, zwei Mal in Form des Zitats „Ein Leben ohne Phlox ist ein Irrtum“ des Gartengestalters und -philosophen Karl Foerster, der mit seinem Karl-Foerster-Garten bei Potsdam unter Gärtnern berühmt geworden ist und dessen Schüler als Foersterianer bezeichnet werden. Das Ehepaar Tatzien gehört zu den Foersterianern und ist das Zentrum der Romanhandlung im Ort Schmogrow im Oderbruch an der polnischen Grenze. Dort, auf ihrem Hof und im großen Garten dahinter, kommt zu DDR-Zeiten die Natur als Erlebnisfaktor im besten Sinne zum Zug. Kein Wunder also, dass ihr Feriendomizil für viele Familien aus Ost und West vor der Wende ein beliebtes Ziel für die Sommerfrische gewesen ist.

So auch für Richard Sparka. der bereits als Kind mit seinen Eltern jedes Jahr in Schmogrow die Sommerferien verbracht hat. Jetzt kommt er nach dem Tod der Tatziens noch ein letztes Mal in den Oderbruch, ehe der Hof in eine Getränkeauffüllstation für Biker verwandelt wird und die Idylle für immer verschwindet.

In „Phlox“ verrät Jochen Schmidt die Idylle nicht, ordnet sie aber ohne Larmoyanz politisch ein.

Jochen Schmidt – der Meister der süchtig machenden Nebensätze – lässt seinen Helden in viele, sehr viele Kindheitserinnerungen eintauchen. Ganze Kapitel sind in der Gegenwart lediglich einer einzigen Geschirrspülaktion oder dem Liegen auf dem Sofa gewidmet, während die Gedanken anhand von Gerüchen, Geräuschen oder der in den Blick genommenen Gegenstände – Geschirr, Mobiliar, Bücher – in die Vergangenheit wandern. Der Enthusiasmus des Kindes für diese Ferien wird dabei ebenso deutlich vermittelt, wie der erwachsene Richard Sparka den Geist des Reaktionären in der Naturverbundenheit ganzer Generationen aufdeckt. Schmidt verrät die Idylle nicht, ordnet sie aber ohne Larmoyanz politisch ein.

„Phlox“ von Jochen Schmidt ist unsere Buchempfehlung der Woche. Zuletzt haben wir an dieser Stelle „Die geheimste Erinnerung der Menschen“ von Mohamed Mbougar Sarr vorgestellt.

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