Kazus erstes Soloalbum ist Befreiungsschlag von Blonde Readhead
Als Teil von Blonde Redhead genießt sie Ikonenstatus, doch Kazu brauchte einen Befreiungsschlag …
„Ich musste raus aus New York, weil die Stadt mir körperlich und auch psychisch zu sehr zugesetzt hat“, erzählt Kazu Makino am Telefon, und als wolle sie die gute Wahl akustisch illustrieren, dass sie ihren Wohnsitz nach Capoliveri auf der toskanischen Insel Elba verlegt hat, sind aus dem Hintergrund eine alte Kirchenglocke und spielende Kinder zu hören. Zumal mit dem Umzug auch eine musikalische Befreiung einhergeht: Nach neun Alben mit Blonde Redhead hat die 49-jährige Musikerin ihr erstes Soloalbum fertiggestellt.
Kazu zwischen Dreampop und Jazz
„Während der Aufnahmen hat der Produzent immer von meinem Befreiungsschlag gesprochen, und obwohl ich anfangs darüber gelacht habe, stimmt es total: Mir war es extrem wichtig, mich aus den etablieren Strukturen zu lösen und mit anderen Musikern eine Verbindung herzustellen“, erzählt sie. Auf „Adult Baby“ hat sie etwa mit Ryūichi Sakamoto, Son-Lux-Schlagzeuger Ian Chang und dem Art Orchestra of Budapest zusammengearbeitet.
Trotz der vielen Unterstützer ist das Solowerk ein extrem persönliches Album geworden. Während der Opener „Salty“ noch durchaus als Blonde-Redhead-Stück durchgehen könnte, radikalisiert Kazu im weiteren Verlauf der Platte den von ihr gemeinsam mit den Pace-Zwillingen geprägten Dreampop-Sound, indem sie ihn mit stärkeren Jazz-Bezügen und aufregenden Soundinnovationen durchsetzt. Im Mittelpunkt aber stehen ihr unverwechselbarer Gesang und die assoziativen Texte, mit denen sie versucht, zu einem reinen Ausdruck zurückzufinden, der nicht von externen Erwartungen korrumpiert wird.
Selbstbefreiung
Kazu gefällt es, wenn man ihre Kompositionen als Neugeburt bezeichnet, auch wenn sie selbst vorsichtiger formuliert: „Es ist eine Begegnung mit meinem Unterbewusstsein.“ Aber ist es da nicht kontraproduktiv, wenn in der Liste mit den Zulieferern für die Single „Meo“ mit Amedeo Pace auch der Name ihres Blonde-Redhead-Kollegen auftaucht? „Natürlich war das eine Gefahr“, kommentiert sie. „Er war immer überpräsent, und selbst wenn wir mit der Band meine Stücke aufgenommen haben, hat es sich im Nachhinein oft angefühlt, als wären die Kompositionen von ihm.“ Doch Kazu kann den Punkt ganz genau benennen, ab dem es nicht mehr gefährlich war, Pace für „Adult Baby“ einzuspannen: „Irgendwann habe ich die bereits fertiggestellten Aufnahmen angehört, und sie haben mich so berührt, dass ich weinen musste“, sagt sie – und lacht dabei.