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Little Simz: Uff

Little Simz Portrait mit Leuchtkugel im Mund
(Foto: Nwaka Okparaeke)

Nach dem wunderbar konzentrierten „Grey Area“ versucht sich die Rapperin Little Simz erneut an einem Magnum Opus. Gelingt es ihr mit „Sometimes I might be introvert“?

„Grey Area“ war 2019 die HipHop-Sensation des Jahres. Nach dem Konzeptalbum „Stillness in Wonderland“, das unter seinem eigenen Gewicht ächzte, hatte Little Simz eine schlanke, fokussierte Platte abgeliefert, bei denen ihre Skills von nichts mehr verdeckt wurden. Denn das aktuell kaum jemand besser rappt als die Londonerin, steht eigentlich seit Jahren außer Frage. Die Freude war groß: Endlich hatte Simbi Ajikawo ihre Nische gefunden. Für viele von uns hätte sie ewig so weitermachen können.

Mit den 19 Tracks fährt Little Simz Themen auf, die von Familie über Ruhm bis hin zu Feminismus und Rassismus reichen

Nun aber ist ihr viertes Album „Sometimes I might be introvert“ eine Rückkehr zum Bombast von früher: satte 19 Tracks, gesprochene Interludes (von Emma Corrin, bekannt als Lady Di in der Serie „The Crown“), Themen, die von Familie über Ruhm bis hin zu Feminismus und Rassismus reichen. Opener und Leadsingle „Introvert“ zeigt mit Chorgesang und cineastischer Bond-Orchestrierung, wohin die Reise geht. Dabei hat Little Simz auch hier wieder mit ihrem Kindheitsfreund Inflo gearbeitet, der sich produktionstechnisch austoben darf wie nie zuvor. Neben den überlebensgroßen Singles wie „Introvert“ oder „Woman“ und souligen, samplebasierten Tracks wie „Little Q“ gibt es funkigen Dance („Protect my Energy“) und afrikanische Percussion („Fear no Man“). Aber auch „Grey Area“-Superfans kommen auf ihre Kosten. „Speed“ bringt den Sound des Vorgängers zurück: knarziges Bassriff zu scheppernden Livedrums, darüber ein einsamer Synthesizer.

Thematisch spinnt „Sometimes I might be introvert“ den roten Faden fort, der sich durch alle Alben von Little Simz zieht. Es geht um Selbstfindung und Selbstzweifel, darum, nicht nur eine gute Künstlerin sein zu wollen, sondern auch ein guter Mensch. „I love you I hate you“ ist eine erstaunlich reflektierte Abrechnung mit Simbis entfremdeten Vater, sie selbst hat den Song als den wichtigsten des Albums bezeichnet. Obwohl sich die Lebenserfahrung, die Simz in den letzten Jahren auf der ganzen Welt gesammelt hat, deutlich abzeichnet, widersteht sie der Versuchung, als weise Mentorin aufzutreten, sondern betont, wie viel sie noch zu lernen hat – von anderen Künstler:innen, von weiblichen Vorbildern, von Freunden und Familie.

Auf „Sometimes I might be introvert“ tänzelt sie über jeden noch so eigensinnigen Beat

Dass „Sometimes I might be introvert“ trotz allem Maximalismus nicht kollabiert, liegt an dieser Bescheidenheit – und an Ajikawos Skills. Nach wie vor tänzelt sie über jeden noch so eigensinnigen Beat, schaltet mühelos zwischen den verschiedensten Flows, oft auf ein- und demselben Track. Offensichtlich will Little Simz unbedingt ihr Magnum Opus – dieses Album hat das Zeug dazu.

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