„Norm“ von Andy Shauf: Was macht David Lynch hier?
Andy Shauf hat mit „Norm“ wieder ein Konzeptalbum vorgelegt: Dieses Mal wird’s abgründig – und unweigerlich werden wir an David Lynch erinnert.
Er kann einfach nicht ohne Konzept: Nachdem sich Andy Shauf mit dem Vorgänger „Wilds“ ein bisschen weniger Struktur gegönnt hatte, bietet „Norm“ nun wieder ein deutlich stringenteres Narrativ. Dennoch hat Shauf hier neue Wege eingeschlagen, was allerdings erst beim zweiten oder dritten Hördurchgang so richtig klar wird. Musikalisch liefert der Multiinstrumentalist zwölf jazzige Popminiaturen, mit butterweichen Holzbläsern, Streichern und einzelnen Synthesizern.
Zusammen mit Shaufs sanftem Gesang sorgen diese Arrangements dafür, dass „Norm“ fast zu glatter Fahrstuhlmusik verschwimmt – aber eben nur fast. Inspiriert von David Lynch hat Shauf hinter der hübschen Fassade eine bedrohliche Geschichte versteckt: Norm ist nicht einfach ein unglücklich verliebter Einzelgänger, sondern ein potenziell gemeingefährlicher Stalker, der das Objekt seiner Begierde erst heimlich beobachtet und schließlich gar entführt. Daneben bleibt jedoch noch Platz für Mehrdeutigkeit: Der erste und der letzte Song stellen die Frage „Was all my love wasted on you?“, die von Norm stammen könnte – wie das Video zu „Wasted on you“ zeigt, ist sie aber eigentlich aus der Perspektive Gottes gemeint.