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„Die Wahrheit über Arndt“ von Noth: Wir haben es ja gearndt

Portraitfoto Noth
(Foto: Rebecca Kraemer)

Gleich mit ihrem Debüt „Die Wahrheit über Arndt“ wagen sich Noth an ein wagemutiges Projekt.

Dass man eine Albumbesprechung mit einer Spoilerwarnung einleiten muss, passiert auch nicht alle Tage. Doch bei „Die Wahrheit über Arndt“, dem Debüt von Noth, ist sie mehr als angebracht. Die Platte ist nämlich ein Konzeptalbum, das die Lebens- und Gedankenwelt des Titelhelden aus allen Richtungen beleuchtet – oft allerdings flackernd oder um Ecken herum. Beim ersten Hören von „Die Wahrheit über Arndt“ kann die Handlung deshalb untergehen, weil jeder Song auch als Schnappschuss für sich allein stehen kann. Doch die Schnitzeljagd, das Zusammensuchen der eigentlichen Fakten macht einen großen Teil des Reizes aus, weshalb dieser Text mit Vorsicht zu genießen ist.

Als wir Arndt zum ersten Mal treffen, ist er gerade im Zoo und sieht in einem im Käfig festsitzenden Affen sein Ebenbild („Zoo“). Das ist, denken wir zunächst, erst einmal metaphorisch gemeint: Auch Arndt fühlt sich eingesperrt, sein Bürojob ist pure Entfremdung („Steuerpionier“), bei Karstadt hat er einen Nervenzusammenbruch („In der Luft“). Nur die Erinnerung an seine Jugendliebe Anita hält ihn am Laufen, und er träumt davon, sie aus Frankfurt zu holen und ins Paradies ihres Erasmus-Jahrs zurückzukehren („Anita“). Doch das Geld ist knapp, sodass Arndt es mit den Abrechnungen zunehmend ungenau nimmt, auch wenn eine Freundin das nicht recht glauben will („Vorurteile“). Wir ahnen, dass der letzte Besuch im „Waldbad“ kein gutes Ende nehmen wird …

Musikalisch untermalen Noth, die von Linus Kleinlosen und Luis Schwamm angeführt werden, Arndts Geschichte mit unaufgeregtem, von Saxofon und Streichern getragenem Indiepop, der die Ironie der Anekdoten komplementiert. Bisweilen bekommt die Band dabei Unterstützung von Schauspieler Raúl Semmler, der Arndts gesprochene Monologe übernimmt. Mit Randy Newman hat ein alter Geschichtenerzähler des Pop Pate gestanden, aber mit Andy Shauf ist auch die nächste Generation vertreten. „Die Wahrheit über Arndt“ ist sanfte Rockoper und Hörmusical zugleich – und dazu noch eine verhaltene Milieustudie über Kapitalismus und Einsamkeit. Armer Arndt.

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