„Kind of Miles“ von Paolo Fresu: Mehr als Kopie
Auf seiner stimmigen Miles-Davis-Spurensuche offenbart der sardische Trompeter auch allerhand über sich selbst.
Miles Davis als Legende zu bezeichnen, wäre ein unverschämtes Understatement. Die Spuren, die Davis in der Jazzgeschichte hinterließ, sind so einzigartig, dass Paolo Fresu gar nicht erst den Versuch unternommen hat, einen seiner großen Lehrmeister zu kopieren. Eher erzählt „Kind of Miles“ viel vom Werdegang des sardischen Trompeters selbst, der seine aktuelle, auch als Theaterprojekt angelegte Produktion mit zwei verschiedenen Formationen aufgenommen hat: „Shadows“ zeigt Fresu als balladesken Virtuosen, der mit einer Akustikband um den Pianisten Dino Rubino Klassiker wie „Autumn Leaves“ dekonstruiert.
Die zweite CD „Lights“ spürt dagegen der elektrischen Phase von Miles Davis seit dessen Jahrhundertwerk „Tutu“ nach. Fast unheimlich, wie dicht beieinander Fresu und Davis etwa bei „Time after Time“ sind. Fresus Spiel ist in doppelter Hinsicht so authentisch, dass die Frage, wessen Stil die Blaupause des jeweils anderen ist, in den Hintergrund tritt. Besser geht’s nicht.