„Schönwald“ von Philipp Oehmke
Der Debütroman „Schönwald“ von Philipp Oehmke ist BRD-Epos, Gegenwartsdiagnose und Familienroman.
Der Debütroman „Schönwald“ von Philipp Oehmke polarisiert – da er durchaus auch als eine sehr reaktionäre Gegenwartsanalyse gelesen werden kann.
Erst als sich Familie Schönwald in Berlin zur Eröffnung von Karolins queerem Buchhandel trifft und Aktivist:innen die Feier stören – der Laden sei durch ein Nazi-Erbe finanziert – bricht das jahrelange Schweigen. Was Opa zwischen ’33 und ’45 gemacht hat? Erst mal nicht so wichtig. Philipp Oehmke offenbart in „Schönwald“ doch peu à peu ganz andere biografische Irrungen der Familie: Karolins Vater Harry, ein Staatsanwalt a. D., befindet sich in Therapie, um die Zeit aufzuarbeiten, in der seine Frau Ruth, eine Thomas-Mann- und Konfliktvermeidungs-Expertin, in Hamburg abgetaucht gewesen ist. Ihrem großen Bruder Chris wurde wegen eines MeToo-Skandals die Professur an der Columbia entzogen, seitdem wütet er in der Alt-Right-Bewegung. Und Benni, ihr kleiner Bruder, ist inzwischen mit Karolins kurzzeitiger Liaison verheiratet.
Philipp Oehmkes Debütroman „Schönwald“ ist BRD-Epos, Gegenwartsdiagnose und Familienroman. Clever fügt er die Geschichten der einzelnen Figuren zu einem unterhaltsamen Abriss deutscher bildungsbürgerlicher Saturiertheit zusammen: Alle sprechen, ohne etwas zu sagen. Dass das Debüt des Spiegel-Reporters polarisiert, ist klar. Verhandelt er etwa das Nazi-Erbe genauso stiefmütterlich wie Familie Schönwald selbst.
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