„Schelmenroman“ von Gerhard Henschel
Mit „Schelmenroman“ veröffentlicht Gerhard Henschel den zehnten Band seiner autobiografischen Familienromane, der den Beginn von Henschels Wirkmächtigkeit als Essayist und Schriftsteller dokumentiert.
In „Schelmenroman“ von Gerhard Henschel löst sich der Begriff „Familienroman“ stark auf.
Mit „Schelmenroman“ hat Gerhard Henschel den zehnten Band seiner autobiografischen Familienromane veröffentlicht, doch nach dem Tod des Vaters im vorherigen Band löst sich der Begriff „Familienroman“ doch stark auf. Diesmal stirbt mit Oma Jever eine weitere Bezugsperson – Henschels Alter-Ego Martin Schlosser lässt sie ein letztes Mal im Malefiz gewinnen. Viel wichtiger ist längst Henschels gesellschaftliches Umfeld der Neuen Frankfurter Schule und des Satiremagazins Titanic, in dessen Frankfurter Redaktion Schlosser inzwischen arbeitet.
Schlosser geht Mitte der 90er keinem Konflikt aus dem Weg: Als er gemeinsam mit Wiglaf Droste den Sommerkrimi „Der Barbier von Bebra“ in der taz vorveröffentlicht, kommt es zur Besetzung der Redaktionsräume und einem Boykottaufruf gegen die taz. Das war Cancel Culture, ohne dass der Begriff gefallen wäre, und ohne Opfergebaren: Sie war eine Würdigung. Schlosser berichtet von weiteren Skandalen aus seinem Umfeld: Lesungen von Wiglaf Droste werden von Männergruppen sabotiert, ebenso Veranstaltungen der Essayistin Katharina Rutschky von Kinderschützern. Henschel hat die damaligen Zustände treffend analysiert – mit Buchtiteln wie „Das Blöken der Lämmer. Die Linke und der Kitsch“ und – gemeinsam mit Klaus Bittermann – „Das Wörterbuch des Gutmenschen. Zur Kritik der moralisch korrekten Schaumsprache“. „Schelmenroman“ dokumentiert somit den Beginn von Henschels Wirkmächtigkeit als Essayist und Schriftsteller, und auch die Zusammenarbeit mit Eckhard Henscheid kündigt sich an.
Mit „Schelmenroman“ hat es Gerhard Henschel auf unsere Liste der besten Bücher im Januar 2024 geschafft.