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Die besten Alben der Woche

Bilderbuch
Bilderbuch bringen ihr neues Album „Gelb ist das Feld“ heraus. (Foto: Hendrik Schneider)

Yacht Rock aus Österreich, Tränen auf der Tanzfläche und ein Bär auf Abwegen: Die Alben der Woche bei kulturnews.de.

Bilderbuch melden sich mit denkbar entspanntem Yacht Rock zurück, während Father John Misty tiefer denn je in der Mottenkiste gräbt. Lucius fordern zum Tanzen auf, glänzen aber vor allem mit melancholischen Balladen. Und Daniel Rossen von Grizzly Bear überrascht und erstaunt mit seiner ersten Soloplatte – die aber die Mühe eindeutig wert ist. Wir haben die spannendsten Releases der Woche für euch gesammelt.

Bilderbuch: Gelb ist das Feld

Während andere Bands nach Jahren der Pandemie in Düsternis versinken oder sich auf die Tanzfläche zurücksehnen, gehen Bilderbuch mal wieder ihren eigenen Weg: „Gelb ist das Feld“ klingt vor allem nach Sommerurlaub. Schon auf dem letzten Album „Vernissage my Heart“ haben sich die Wiener ein Stück vom Elektropop entfernt und stärker an sympathisch verspultem Psychedelic Rock orientiert.

Auch jetzt steht Michael Krammers Gitarre wieder ebenso sehr im Zentrum wie die Stimme von Maurice Ernst, doch das Instrument hat oft ein fließenderes Timbre. Wenn Peter Horazdovsky funkige Basslinien darunterlegt und Ernst dazu Doobie-Brothers-Harmonien mit sich selber singt, führt kein Weg daran vorbei: Bilderbuch machen ihre Version von Yacht Rock, wenn auch einzelne Songs deutlich mehr Biss haben („I’m not gonna lie“) und statt des Ozeans eher die Alpen anklingen („Bergauf“) – für eine österreichische Band ja nur konsequent. Andere Tracks haben Titel wie „La Pampa“ oder „Nahuel Huapi“. Ganz klar: Bilderbuch sind offiziell urlaubsreif. Wer kann es ihnen verdenken?

„Gelb ist das Feld“ gibt es bei Amazon und bücher.de zu kaufen.

Father John Misty: Chloë and the Next 20th Century

Josh Tillman bleibt schwer zu fassen: Als Father John Misty ist er zugleich Prediger, Crooner und Macker zugleich. Dabei schwankt er zwischen Melancholie und zynischem Humor. Für „Chloë and the Next 20th Century“ hat er sich noch stärker Richtung Vaudeville bewegt – ein Genre, das perfekt zu seinen skurrilen Texten und seiner ironisch-kitschigen Vortragsweise passt.

Mit Songs wie „Buddy’s Rendezvous“ liefert dieses Album, das in der Welt der Musicals zu spielen scheint, genug Eingängigkeit, um selbst denen zu gefallen, die mit dem Spiel mit der Identität eher wenig anfangen können. Und wer sich gar nicht für den Swing-Sound erwärmen kann, dem bleiben immer noch Tillmans Interviews.

„Chloë and the Next 20th Century“ gibt es bei Amazon und bücher.de zu kaufen.

Lucius: Second Nature

Das Duo Lucius aus Jess Wolfe und Holly Laessig, die auch als Background-Sängerinnen für die verschiedensten Künstler:innen arbeiten, hat mal wieder ein eigenes Album veröffentlicht. Schon das Cover schreit „Hör’ zu und tanz!“ Und wirklich: „Second Nature“ ist ein einziges Feiern des Dancefloor, im Gewand eines 80er-Disco-Funk-Revivals. Dabei verliert sich die Platte allerdings nicht im Seichten, denn Lucius bringen auch diese entscheidende Schwere auf die Tanzfläche, die gute Disco-Musik ausmacht.

Manchmal funktionieren die schwermütigen Tracks dafür besser als die treibenden. Einzelne Tracks erinnern eher an Spandau Ballet oder Cyndi Lauper, und das absolute Highlight ist die dramatische Ballade „Tears in reverse“. Doch der Genremix macht so viel Spaß, dass Songwriting oder Lyrics auch mal nur Durchschnitt sein dürfen.

„Second Nature“ gibt es bei Amazon und bücher.de zu kaufen.

Daniel Rossen: You belong there

Wer an Grizzly Bear denkt, hat womöglich zuerst Ed Droste auf dem Schirm als Gitarrist Daniel Rossen. Wie sträflich das ist, beweist jetzt „You belong there“, Rossens erstes Soloalbum. Dabei ist die Platte nicht immer leicht zu hören: Rossen schafft mit fast komplett selbst eingespielten Instrumenten Soundkulissen, die eine knisternde Spannung erzeugen. Harmonien sind oft unerwartet, die Gitarren sperrig, ein Kontrabass sorgt für ungewöhnliche Klänge.

Alles wirkt den ein oder anderen Schlag pro Minute zu schnell, zwei, drei Fills drüber und einen Gitarrenpart zu viel. Doch beim mehrmaligen Hören entpuppt sich die Platte als das, was sie ist: groß- und einzigartig. Fans von Grizzly Bear werden hier ohnehin finden, was sie suchen. Aber auch andere sollten „You belong there“ eine Chance geben – oder zwei oder drei.

„You belong there“ gibt es bei Amazon und bücher.de zu kaufen.

Felix Eisenreich, Matthias Jordan, Julian Münsterjohann, Carsten Schrader

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