Amapiano, Techno und Kunst: Die Alben der Woche
Teno Afrika stellt uns mit Amapiano das neue Genre seiner Heimat Südafrika vor, während Jonathan Meese auf einmal Housemusik macht. Unsere Alben der Woche
Diese Woche haben wir zwei sehr unterschiedliche Alben im Fokus, die auch noch von sehr unterschiedlichen Orten stammen. Zunächst ist da Teno Afrika, ein Produzent aus Südafrika. Er bringt uns das neue, rasend wachsende Genre Amapiano näher. Was vielleicht ungewohnt oder exotisch wirken mag, entpuppt sich beim Hinhören als ein sehr subtiles und zurückgelehntes Genre, bei dem vor allem die DIY-Ästhetik überzeugt.
Im Kontrast dazu stehen Meese x Hell gewissermaßen direkt vor der eigenen Haustür. Aber deshalb muss die Musik noch lange nicht zugänglicher sein – wie auch, wenn Jonathan Meese beteiligt ist? Der polarisierende Künstler hat sich für „Hab keine Angst, hab keine Angst, ich bin deine Angst“ mit dem Produzenten Hell zusammengetan. Das Ergebnis sind House- und Techno-Stücke, vor denen Meese seine eigenen Texte performt. Natürlich appelliert er dabei wieder oft an die Kunst an sich. Die Alben der Woche:
Teno Afrika: Amapiano Selections
Nie von Amapiano gehört? Das wird nicht lange so bleiben. Das elektronische Genre aus Südafrika hat sich rasant im ganzen Land verbreitet und scheint nun auf dem besten Weg, erst den Kontinent und dann die Welt zu erobern. Als Überblick über den neuen Musikstil funktioniert „Amapiano Selections“ allerdings nur sehr bedingt, denn statt von einer Ansammlung verschiedener Künstler*innen stammen alle Tracks von dem jungen DJ und Produzenten Teno Afrika.
Seine Musik ist ruhig und konzentriert, eine entspannte House-Variante mit repetitiven 808-Drums, prominentem Bass, einzelnen Saxofon-Tönen und jazzigen Rhodes-Akkorden (Amapiano heißt auf Zulu „die Klaviere“). Stücke wie „8 Ubers“ oder „Smooth Criminal“ sind in ihrer Einfachheit fast meditativ, und erst im Closer „Chants of Africa“ lässt Afrika längere Vokalpartien zu. Das alles passt zur DIY-Ästhetik des Genres: Amapiano-Künstler*innen beginnen ihre Karrieren oft mit Raubkopien der Software FL Studio. Und auch wenn es schwer zu sagen ist, ob Teno Afrika wirklich das typischste Beispiel für diese Musikrichtung ist – auf jeden Fall macht er Lust darauf, sich tiefer in die Materie reinzuhören.
Meese x Hell: Hab keine Angst, hab keine Angst, ich bin deine Angst
Martialisch wie seine Kunst und mitten drin die Erzliebe, einer der Lieblingsbegriffe von Künstler Jonathan Meese. Der 51-Jährige hat sich mit dem Münchner Techno- und House-Produzenten Hell zusammengetan, und unter dem Projektnamen Meese x Hell veröffentlichen sie jetzt das Album „Hab keine Angst, hab keine Angst, ich bin deine Angst“. In drei Sessions entstand das Techno-meets-Art-Kombinat, in denen Meese seine Freestyle-Textpassagen über die Beats und Loops von Hell gesprochen, gesungen und geflüstert hat. Auch Meeses Mutter Brigitte (91) ist dabei.
So zeugen „Erzliebe“ und „Power of Love“ von der musikalischen Vielfalt eines in sich geschlossenen Albums, das einlöst, was es verspricht: kraftvolle Clubsounds mit typischem Meese-Appell. Tracks wie „Kunst ist Chef“ spiegeln Meeses Theorie der „Diktatur der Kunst“ als Elektroversion wider. Mit Vorbildern von Kraftwerk bis hin zu Sisters of Mercy wird das „Meese x Hell“-Projekt zum unüberhörbaren Performancestück der Housekultur.