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Ein ungleicher Machtkampf

Buchcover „Amnestie“ von Aravind Adiga

Mit „Amnestie“ gelingt Aravind Adiga ein fein ausbalancierter Schwenk vom rotzig erzählten Krimi zur tiefenscharfen Politanalyse.

Er gönnt sich nur knapp 300 Seiten, konzentriert den Plot auf einen einzigen Tag – und dennoch gelingt Aravind Adiga („Der weiße Tiger“) mit seinem fünften Roman der fein ausbalancierte Schwenk von einem rotzig erzählten und hochspannenden Krimi zu einer tiefenscharfen und somit leider auch extrem düsteren Politanalyse. Held von „Amnestie“ ist Dhananjaya Rajaratnam, genannt Danny. Dem Tamilen aus Sri Lanka ist in Australien der Status als Flüchtling verwehrt worden, und so lebt er bereits seit mehreren Jahren als Illegaler im Lager eines Supermarkts in Sydney und jobbt nebenher als Putzkraft. Als Danny erfährt, dass seine ehemalige Kundin Radha Thomas ermordet worden ist, hat er schnell den begründeten Verdacht, wer der Täter ist: Prakash, der Liebhaber der Toten. Statt bei der Polizei ruft Danny beim mutmaßlichen Mörder an, und es entspinnt sich ein ungleicher Machtkampf zwischen beiden Männern: Sagt Danny aus, käme Prakash in Untersuchungshaft – doch zugleich wäre auch klar, dass Danny auf eine abgelegene Insel vor Australien abgeschoben werden würde. So wie Danny aus den Nachrichten nicht nur Informationen über den Mord an Radha Thomas erhält, sondern auch erfährt, dass im Auffanglager schon wieder ein Immigrant eine Rasierklinge geschluckt und sich selbst getötet hat, weitet sich auch der Fokus der Leser*innen: Hier geht es nicht um einen einzelnen Mordfall, sondern um die große, globale Ungerechtigkeit.

Wird es Aravind Adiga mit „Amnestie“ auf unsere Liste der besten Bücher im Januar schaffen? Hier ist unsere Liste aus dem Dezember 2020.

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