„Ein fragiles System“ von Bipolar Feminin: Wut aus Wien
Das österreichische Quartett bezieht klare Stellung gegen Kapitalismus und Patriarchat.
Wenn es Musik aus Wien so weit nach Norden schafft, ist das meist die lässige Variante, mit Zwinkern im Auge und selbstgedrehter Zigarette im Mundwinkel. Bipolar Feminin dagegen sind wütend. Zwar mag die Musik des Quartetts mit viel Post- daherkommen, die Inhalte sind eindeutig Punk: Frontfrau Leni Ulrich wettert gegen Spießigkeit, Konventionen und Patriarchat. Wer da Pate gestanden hat, macht „Herr Arne“ explizit, denn mit dem Songtitel ist Tocotronic-Drummer Arne Zank gemeint.
Allerdings sind es eindeutig die frühen Tocotronic, vor den Synthesizern und Thesauruseskapaden, die sich Bipolar Feminin zum Vorbild nehmen. In „Mami“ und „Tüchtig“ nimmt Ulrich die Perspektive von Personen ein, die im titelgebenden System gefangen sind, um sich in dem explosiven „Sie reden so laut“ einen Schlagabtausch mit einem Mansplainer zu liefern: „Ich verstehe Sie nicht falsch/Ich könnte einfach kotzen“. Ein Gefühl, das wir alle nachvollziehen können – in Wien, in Hamburg oder sonstwo.