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Bob Dylan: Time out of Mind

Der stream of consciousness fließt durch diesen Geist ohne Unterlaß. Und His Bobness zweigte davon ab, was mit Liebe und Seelenheil zu tun hatte, und als er schaute, waren 73 Minuten zusammengeflossen. Und er ging zu Daniel Lanois, auf dass der Kanadier ihm einen dunklen Klang schneidere, seine Stimme schier jenseitig verhalle und ihm einen geisterhaften R‘n‘B stricke – angemessen für einen, der Frieden sucht und doch beinah die Suche nicht hätte beenden können; und jetzt, nach der Todesnähe, will Dylan nur noch eins: „Tryin‘ to get to heaven / before they close the door“.

Die Tiefe der Arrangements und Augie Myers zwischen sakral und intim vibrierender Orgel gibt den Versen viel Raum. Die von „Highlands“ laufen gleich über mehr als 16 Minuten: ein episches Monument, das mit hart gezupfter Akustikgitarre beginnt wie ein Lightnin’-Hopkins-Song, dann lossegelt im dynamiklosen Bluestakt, um irgendwann anzulanden nahe der „Desolation Row“, die Dylan bereits Mitte der Sechziger verlassen hatte.

„Want nothing from anyone / have nothing to take“, singt er, „wouldn‘t be a difference / between a real blonde and a fake“ – Dylan meißelt noch immer Weisheiten, die bisweilen zu Klischees werden; doch wenn er sie singt, sind sie nichts weniger. Seine neuen Texte haben eine melancholische, rührende Gelassenheit, es sind Rückschauen, Resümees, er ist ein alter zufriedener Köter, der sich in seine Hütte legt und die Welt betrachtet. Und er wird sie nie mehr verlassen.

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