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Bingo und Boxen

Buchcover „Aus der Deckung“ von David Lopez

Mit „Aus der Deckung“ präsentiert David Lopez den Boxsport einmal nicht als einen alles entscheidenden Zweikampf, sondern als oft eintönige Routine.

Jugendliche, die lieber Drogen nehmen, als über ihre Gefühle zu sprechen? Check. Provinzielle Perspektivlosigkeit? Check. Ein Sport als Metapher für das Leben? Check. Beim Debütroman-Bingo ist „Aus der Deckung“ von David Lopez ein heißer Kandidat auf den Punktsieg. Die Provinz ist hier eine unbenannte französische Kleinstadt, der Sport ist Boxen.

Für Jonas wäre eine Karriere als Profi eigentlich die einzige Chance, es im Leben zu etwas zu bringen. Das Talent hat er, aber nicht die Disziplin. Als wir ihn zum ersten Mal treffen, hat er gerade einen Kampf verloren, was ihn jedoch nicht sonderlich hart zu treffen scheint. Das Rumhängen mit seinen Freunden liegt ihm ohnehin mehr: Beim Kartenspielen und Grasrauchen riskiert man keine Schmerzen. Die einzige Frage, die man hier nicht stellen darf, lautet: „Und, was sind deine Pläne?“ Nur Lahuiss ist zum Studieren weggezogen. Wenn er in die Heimat zurückkommt, erzählt er seinen alten Kumpels vom Großstadtleben und von Voltaire – aber er kommt immer seltener.

David Lopez, selbst ehemaliger Boxer, präsentiert uns einzelne Episoden aus dem Leben seines Helden mit einer Art Hyperfokus: Egal, ob Jonas einen Joint dreht, auf einer Party in der Küche trinkt oder am Boxsack trainiert, jeder Schritt wird mit methodischer Genauigkeit geschildert. Dabei erfährt man einiges über das Boxen, aber wenig darüber, was unter Jonas’ Oberfläche vorgeht – und das passt wie der Handschuh aufs Auge, denn auch Jonas selbst weiß sich oft nur durch Zuschlagen auszudrücken.

Leider verliert der Autor stellenweise das Vertrauen in die Aussparungen und macht die Entfremdung seines Protagonisten zu explizit. Dann bekommt „Aus der Deckung“ etwas Schulmeisterliches, das den intuitiven Fluss der Worte stört. Für die Innovation, Boxen einmal nicht als alles entscheidenden Zweikampf, sondern als oft eintönige Routine zu zeigen, lohnt sich die Lektüre aber allemal.

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