„Die Freiheit einer Frau“ von Édouard Louis: Alles über seine Mutter
Mit „Die Freiheit einer Frau“ verfeinert Édouard Louis seinen Grenzgang zwischen Soziologie und Literatur.
Seit dem autobiografischen Debütroman „Das Ende von Eddy“ aus dem Jahr 2014 verfeinert Édouard Louis seinen Grenzgang zwischen Soziologie und Literatur. War „Wer hat meinen Vater umgebracht“ bei aller Liebe vor allem eine wütende politische Anklage, die das gefühlskalte Verhalten des Vaters mit Blick auf das französische Sozialsystem erklärt, rekapituliert Louis in „Die Freiheit einer Frau“ mit einer zärtlicheren Sprache und viel Empathie das Leben der Mutter.
„Die Freiheit einer Frau“ erzählt nicht nur von den falschen Kerlen, zu frühen Schwangerschaften, Armut und geplatzten Träumen, sondern auch einem gelungenen Ausbruch, der die Programmatik von Édouard Louis bestärkt, den Abgehängten mittels Literatur eine Stimme zu geben: „Denn jetzt weiß ich es, sie haben das, was sie Literatur nennen, gegen solche Leben und solche Körper wie den ihren, wie den meiner Mutter konstruiert. Denn jetzt weiß ich es, künftig über sie und ihr Leben zu schreiben, das heißt, gegen die Literatur anzuschreiben.“