Grammys 2021: Nominierungen und Prognosen
Bester Song, bestes Album, beste*r neue*r Künstler*in: Wer wird sich in diesem Jahr die begehrten Grammy-Trophäen sichern?
Am Sonntag, den 14. März, ist es soweit: Die Recording Academy in Los Angeles verleiht die diesjährigen Grammys. Na gut, technisch ist es in Deutschland dann bereits der 15. März. Aber wer lange genug aufbleibt, kann sich die Zeremonie trotzdem anschauen: MagentaMusik 360 zeigt die Show ab 00.55 Uhr kostenlos im Livestream.
Wie in jedem Jahr wird bereits heftig darüber spekuliert, wer alles eine begehrte Trophäe mit nach Hause nehmen wird. Auch wir bei kulturnews haben uns vom Grammy-Fieber anstecken lassen und unsere eigenen Prophezeiungen aufgestellt. Dabei haben wir uns auf sechs zentrale Kategorien konzentriert: Song of the Year, Album of the Year und Best New Artist, außerdem das beste Album in Sachen Pop, Rock und Rap. Weil aber bekanntlich nicht immer die eigenen Lieblingskünstler*innen gewinnen, sind unsere Vorhersagen jeweils zweigeteilt: Nach der Liste der Nominierungen kommen zunächst die Acts, die am wahrscheinlichsten gewinnen werden – danach die, denen unser Herz gehört.
Unsere Grammy-Prognosen
Song of the Year
- Beyoncé: Black Parade
- Roddy Rich: The Box
- Taylor Swift: Cardigan
- Post Malone: Circles
- Dua Lipa: Don’t start now
- Billie Eilish: Everything I wanted
- H.E.R.: I can’t breathe
- JP Saxe ft. Julia Michaels: If the World was ending
Favorit An den Zahlen gemessen wird es ein enges Rennen zwischen Roddy Rich, Dua Lipa und Post Malone. Allein auf Spotify wurden die Songs der drei Künstler*innen in der Summe mehr als 3,7 Milliarden Mal abgerufen. Zieht man dazu jedoch noch die Chartplatzierungen in Betracht, ist der Favorit jedoch ganz klar Roddy Rich. „The Box“ verbrachte ganze elf Wochen auf Platz eins der amerikanischen Billboard Charts und wurde somit zum größten Song in der ersten Hälfte des Jahres 2020.
Unsere Favoritin Verglichen mit den Songs ihrer Konkurrent*innen fiel der kommerzielle Erfolg von H.E.R.s „I can’t breathe“ eher bescheiden aus. Umso bedeutsamer ist jedoch die politische Message des Tracks. In dem bisher größten Jahr der Black-Lives-Matter-Proteste setzt H.E.R. mit ihrem Song ein unmissverständliches Zeichen für mehr Solidarität und gegen strukturelle Benachteiligung.
Album of the Year
- Jhené Aiko: Chilombo
- Black Pumas: Black Pumas (Deluxe Edition)
- Coldplay: Everyday Life
- Jacob Collier: Djesse Vol. 3
- Haim: Women in Music Pt. III
- Dua Lipa: Future Nostalgia
- Post Malone: Hollywood’s Bleeding
- Taylor Swift: Folklore
Favoritin Hier sind sich die Grammy-Prophet*innen ziemlich einig: Taylor Swift hat die besten Chancen. Ein Sieg mit „Folklore“ würde dabei spannenderweise zwei Narrative kombinieren. Denn Taylor ist einerseits eine Veteranin, die zuhause schon zehn Grammys im Regal stehen hat. Aber ihr letzter Sieg war im Jahr 2016, ihre letzten beiden Alben „Reputation“ und „Lover“ gingen leer aus. „Folklore“ könnte also eine Comeback-Geschichte werden – und die liebt die Akademie. Und Taylors neuer Folk könnte der Jury besser schmecken als der Hochglanz-Pop von früher.
Unsere Favoritinnen Die Wahl ist gar nicht so leicht: Auch uns gefällt „Folklore“ eigentlich ziemlich gut. Auch Jhené Aiko würden wir einen ersten Sieg nicht missgönnen. Aber am meisten begeistert hat uns 2020 eindeutig „Women in Music Pt. III“. Den Haim-Schwestern ist hier die perfekte Verschmelzung von zugänglichem Pop mit schmerzhaft ehrlichen Texten gelungen – und mit trockenem Humor garniert ist die Platte auch noch. Außerdem ist das Grammy-Regal des Trios bisher sträflich leer geblieben.
Best New Artist
- Ingrid Andress
- Phoebe Bridgers
- Chika
- Noah Cyrus
- D Smoke
- Doja Cat
- Kaytranada
- Megan Thee Stallion
Favoritin Keine Frage: 2020 war das Jahr von Megan Thee Stallion. Schon bevor sie mit Cardi B und „WAP” wochenlang das Internet und alle Social Media Kanäle in Schutt und Asche gelegt hat, landete sie mit Beyoncé und „Savage” einen Platinhit. Dagegen kann sich selbst starke Konkurrenz wie Doja Cat oder D Smoke nicht durchsetzen, die in puncto Verkaufszahlen zwar stark vorlegen – aber in Anbetracht der Tatsache, dass mit “Savage” und “WAP” gleich zwei Songs von Meg in den Billboard-Charts für 2020 auftauchen, ehe auch nur eine*r aus der Konkurrenz zu sehen ist, sieht es für die anderen Nominierten eher mau aus.
Unsere Favoritin Sorry Meg, aber es wird dich angesichts dieser Erfolge bestimmt nicht allzu sehr treffen, wenn wir uns trotzdem was anderes wünschen: So schön „WAP” und das darauffolgende Meme-Pandämonium auch gewesen sind, kaum ein Album hat uns das – gelinde gesagt – schwierige Jahr 2020 so versüßt wie der emotional verheerende instant classic des 20er-Jahre-Indie „Punisher”. In den Charts spiegelt sich das zwar nicht wieder – da ist Bridgers weder in den Streams noch in den Plattenverkäufen in den Top 100 zu finden – aber wie schön wäre es, wenn das einmal nicht ins Gewicht fallen würde?
Best Pop Vocal Album
- Justin Bieber: Changes
- Lady Gaga: Chromatica
- Dua Lipa: Future Nostalgia
- Harry Styles: Fine Line
- Taylor Swift: Folklore
Favoritin Der Künstler, der eigentlich Favorit in dieser Kategorie hätte sein müssen, ist gar nicht dabei. Denn zumindest in puncto Streams hatte The Weeknd mit seinem Album „After Hours“ die Nase vorn. Durch sein Fehlen ist nun der Weg für Dua Lipa frei. Bereits 2019 gewann die Britin einen Grammy als Best New Artist. Mit ihrem Zweitling „Future Nostalgia“ katapultierte sie sich im letzten Jahr endgültig in die vordersten Reihen der Popstarliga. Und zugegeben: Für mehr Ohrwürmer hat im letzten Jahr wohl kaum ein anderes Album gesorgt.
Unsere Favoritin Schnörkellos fallen alle der nominierten Alben aus. Doch gerade in diesem Kontext kann Taylor Swifts „Folklore“ als durchaus mutiger Vorstoß gewertet werden. Auf dem Album ist Swift mehr Indie als je zuvor. Verwaschene Gitarrensounds, orchestrale Arrangements und jede Menge Hall lassen es für einen kurzen Moment nur schwer vorstellbar erscheinen, dass Swift für ihr letztes Album noch als Aushängeschild des radiotauglichen Ohrwurmpop betitelt wurde. Diese Verwandlung, so kalkuliert sie eventuell auch ist, darf durchaus gewürdigt werden.
Best Rock Album
- Fontaines D.C.: A Hero’s Death
- Michael Kiwanuka: Kiwanuka
- Grace Potter: Daylight
- Sturgill Simpson: Sound & Fury
- The Strokes: The new Abnormal
Favoriten Rein numerisch wird es eng. Da liefern sich The Strokes, Sturgill Simpson und Grace Potter ein Kopf-an-Kopf-Rennen, das nur um wenige Plätze auseinanderliegt. Und doch: The Strokes sind zwar auf dem Papier mit Platz 1 der Billboard Charts und 8 Millionen Hörer*innen auf Spotify nicht allzu weit von der Konkurrenz entfernt, aber der Unterschied zwischen Platz 1 und Platz 2, 3, 4, und 5 ist dann doch himmelweit. Sturgill Simpson (Platz 3 und 1,2 Millionen), Grace Potter (Platz 5 aber nur 600 000) und Michael Kiwanuka (Kein Charterfolg aber 4 Millionen Streams) kommen da nicht ran.
Unsere Favoriten Sturgill Simpsons viertes Album “Sound & Fury” mag großartig sein, allerdings hat er für den Vorgänger “A Sailor’s Guide to Earth” bereits einen Grammy bekommen – und “Sound & Fury” ist schon 2019 erschienen. Folgerichtig muss der Kritiker*innenlieblings-Award an Michael Kiwanuka, Fontaines D.C. oder Grace Potter gehen. Da fällt die Auswahl schwer, aber letztlich müssen sind wir als Musikredaktion leider dazu verpflichtet, uns im Zweifelsfalle für Postpunk zu entscheiden. Sorry, ist so.
Best Rap Album
- D Smoke: Black Habits
- Freddie Gibbs, The Alchemist: Alfredo
- Jay Electronica: A written Testimony
- Nas: King’s Disease
- Royce da 5’99’’: The Allegory
Favorit Neben der Abwesenheit von The Weeknd sind die Nominierten in dieser Kategorie eine der kontroversesten Entscheidungen in diesem Jahr. Der Schwerpunkt liegt eindeutig auf Oldschool – Künstler mit modernem Sound wie Roddy Ricch, Lil Baby oder Pop Smoke fehlen komplett. Und wo sind überhaupt die Frauen? Unter diesen Gesichtspunkten scheint es wahrscheinlich, dass auch die Auszeichnung relativ rückwärtsgewandt ausfällt: Nas hat gute Chancen auf seinen ersten Grammy überhaupt.
Unser Favorit So richtig happy sind wir eigentlich mit keiner der Auswahlmöglichkeiten. Doch eines ist klar: Nas gönnen wir den Preis vielleicht für sein Lebenswerk, „King’s Disease“ hat jedoch kaum einen Eindruck hinterlassen. Da können wir mit Jay Electronicas Debüt schon mehr anfangen – allerdings stößt uns Jays Liebe zum Antisemiten Louis Farrakhan unangenehm auf. Also drücken wir lieber Freddie Gibbs und dem Alchemist die Daumen, die beide keine klassischen Favoriten bei den Grammys sind. Umso besser!