„Die Netanjahus“ von Joshua Cohen: Die ganze Mischpoke
Mit „Die Netanjahus“ legt Joshua Cohen eine weitere Großtat vor: Sein Campus-Roman wurde mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet.
„Die Netanjahus“ von Joshua Cohen ist unsere Buchempfehlung der Woche.
In „Witz“, seinem zuletzt auf Deutsch erschienenen Roman, hat Joshua Cohen sich dem Holocaust mithilfe einer bis ins Unverständliche verdrehten Sprache und surrealen Humors genähert. Sein neues Buch liest sich vergleichsweise konventionell, ist im Kern jedoch ähnlich gewagt: Basierend auf einer Anekdote des verstorbenen Kritikers Harold Bloom beschreibt er eine Begegnung des fiktiven Geschichtsprofessors Ruben Blum mit dem israelischen Gelehrten Ben-Zion Netanjahu, Vater des späteren Ministerpräsidenten.
Das Jahr ist 1959, und Netanjahu hat sich auf einen Platz an Rubens College in New York beworben. Blum soll nicht nur Teil der Kommission sein, sondern sich auch um Netanjahus Unterkunft kümmern – nur, weil sie beide jüdisch sind. Überraschend reist Netanjahu mit seiner Frau und seinen drei Söhnen an und stellt nicht nur Rubens Haus auf den Kopf … Der Roman ist voll von Cohens Markenzeichen: einer dichten Sprache und Humor zwischen Slapstick und Farce, etwa wenn sich Rubens Tochter absichtlich die Nase bricht.
„Die Netanjahus“ von Joshua Cohen ist eine differenzierte Auseinandersetzung mit amerikanischem Antisemitismus
Doch dahinter versteckt sich eine differenzierte Auseinandersetzung mit amerikanischem Antisemitismus, auch und besonders im liberalen, akademischen Milieu – und ganz besonders in den Köpfen der eigentlichen Opfer. Wenn Ruben zum Schluss behauptet, seine chaotischen Gäste kämen aus der Türkei, ist das eine zugleich bitterböse und tieftraurige Pointe. In den USA hat Cohen für diesen Campus-Roman den Pulitzer-Preis gewonnen. Was Benjamin Netanjahu von dem Buch hält, ist bisher nicht bekannt.
„Die Netanjahus“ von Joshua Cohen ist unsere Buchempfehlung der Woche. Zuletzt haben wir an dieser Stelle „Monde vor der Landung“ von Clemens J. Setz vorgestellt.