„Das dritte Land“ von Karina Sainz Borgo: Höllenfahrt
Karina Sainz Borgo erzählt in „Das dritte Land“ von einer Hauptfigur, die stellvertretend für alle Frauen steht, die sich gegen patriarchale Gewalt zur Wehr setzen.
Der Roman „Das dritte Land“ von Karina Sainz Borgo beginnt mit dem Tod zweier Kinder – und wird dann kontinuierlich düsterer.
In einem namenlosen Land in Lateinamerika wüten Pest, Hunger und Gewalt. Angustias Romero macht sich mit ihrem Mann Salveiro und den zu früh geborenen Zwillingen auf die Flucht. Doch auf der Reise sterben ihre Kinder, Salveiro erkrankt. Mit den Leichen ihrer Babys in einem Schuhkarton kämpft sich Angustias bis in die bergige Grenzregion vor, wo eine Frau namens Visitación Salazar einen illegalen Friedhof namens „Das dritte Land“ gegen alle Gegner verteidigt. Angustias’ einziger Wunsch: die Zwillinge würdevoll zu begraben. Doch das dritte Land wird vom korruptem Bürgermeister, von Kartellen und Milizen bedroht …
Die Welt, die Karina Sainz Borgo in lebhaften Bildern beschreibt, ist eine Hölle aus Armut, Krankheit und Gewalt. Lichtblicke gibt es so gut wie keine. Die venezolanische Schriftstellerin, die heute in Spanien lebt, wagt viel: Ein Roman, der mit dem Tod zweier Kinder beginnt und dennoch kontinuierlich düsterer wird, ist eine Errungenschaft in sich.
In „Das dritte Land“ von Karina Sainz Borgo steht die Hauptfigur stellvertetend für alle Frauen, die sich gegen patriarchale Gewalt zur Wehr setzen
Obwohl Ort und Zeit abstrakt bleiben, hat die Hauptfigur ein reales Vorbild, und ihr Kampf steht stellvertretend für alle Frauen, die sich gegen patriarchale Gewalt zur Wehr setzen. Doch auch das Lesen ist zeitweise ein Kampf – denn Borgos Geschichte ist so erbarmungslos und brutal, dass ein starker Magen vonnöten ist, um bis zum Ende durchzuhalten.
Mit „Das dritte Land“ hat es Karina Sainz Borgo auf unsere Liste der besten Bücher im April 2023 geschafft.