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Magnus Öström im Interview: Unendliche Weiten

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Magnus Öström (Bild: Per Kristiansen)

In seinen Stücken geht Starschlagzeuger Magnus Öström mit dem Publikum auf weitschweifende Reisen ins Innere. Trotzdem bleibt noch Zeit für eine Zugfahrt.

Magnus, du bist offensichtlich auf dem Sprung. Ich muss wohl gar nicht fragen, wieso dein neues Album „A Room for Travellers“ heißt …

Magnus Öström: Ja, ich bin gerade dabei, meine Koffer zu packen. Ich habe das Reisen immer geliebt, schon als Kind. Wir waren Teil der Arbeiterklasse, konnten uns also keine Hotels leisten und sind stattdessen zelten gegangen, was mich geprägt hat. Und wenn wir mit der Fußballmannschaft in andere Städte gefahren sind, haben die anderen Kinder geschrien und gestritten, aber ich habe aus dem Fenster geschaut, auf die Landschaft. Ich mag die Bewegung. Ich mag es, im Zug-Bistro zu sitzen.

Ist dieses Bistro also der Raum im Albumtitel?

Öström: Einerseits geht es um diese spezifische Sache, weil ich viel reise und mich immer an neuen Orten, in neuen Räumen wiederfinde. Aber für mich geht es vor allem um den Gedanken, dass Musik selbst ein unendlicher Raum ist – „Raum“ im doppelten Sinne, als room und space. Du kannst diesen Raum betreten und bist darin sicher, aber gleichzeitig kannst du darin reisen, so weit du willst. Eine abgeschiedene Zuflucht, die zugleich komplett offen ist. Das ist ein Widerspruch, aber einer, der mir gefällt – wie ein buddhistisches Koan.

Ist Musik für dich generell vor allem ein Weg, den eigenen Horizont zu erweitern?

Öström: Es geht auf jeden Fall um Offenheit. Ich denke nicht über Genres nach. Für mich steht immer im Zentrum, was die Musik braucht. Natürlich ist das eine subjektive Frage, ich kenne nicht die Antwort. Aber ich kann beitragen, was ich für das Beste halte. Es ist egal, ob ich überhaupt mitspiele. Wenn ein Song keine Drums braucht, dann spiele ich halt keine Drums. Daher ist es mir auch sehr wichtig, mit Leuten zu arbeiten, die genauso offen denken. Das war das Tolle am Esbjörn Svensson Trio, und bei Rymden und meiner eigenen Band ist es immer noch so.

Macht es für dich einen großen Unterschied, mit welcher Formation du unterwegs bist?

Öström: Die Menge an Leuten macht viel aus. Bei Rymden sind wir nur zu dritt, da gibt es viel Freiheit. Schon als Quartett ist es schwieriger, das Schiff schnell in eine andere Richtung zu lenken. Ich glaube, die Jungs in meiner Band fühlen sich manchmal vielleicht unfreier. Ich bin kein Diktator, aber fast. (lacht) Ich schreibe alles selbst, große Teile der Musik sind durchkomponiert. Aber zugleich muss es Platz geben für die Persönlichkeiten der anderen, sonst würden sie sich langweilen.

Neben Raum ist das Meer ein großes Thema des Albums. Was ist deine Beziehung zum Ozean?

Öström: Ich bin schon immer fasziniert vom Weltraum. Und der Ozean ist wie das All, nur auf der Erde: Er ist so groß, und wir wissen kaum, was da unten ist. Meine Beziehung ist zwiegespalten: Auf der einen Seite liebe ich es, am Meer zu sein und darin zu schwimmen. Aber zugleich habe ich Respekt davor, eine Art Höhenangst. Wenn die See klar ist und du alles sehen kannst, ist das sehr schön. Aber nur ein paar Meter weiter, und plötzlich sind da dreitausend Meter Leere unter dir.

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