„Untame the Tiger“ von Mary Timony
Auf ihrem neuen Soloalbum klingt Mary Timony gelassener als früher – ist aber immer noch eine der besten Gitarristinnen ihrer Zeit.
Mary Timony mag als Mitglied einflussreicher Bands wie Helium, Ex-Hex oder bei der Supergroup Wild Flag eine Riot-Grrrl-Institution sein, auf ihren Soloalben spielen Folkeinflüsse die entscheidende Rolle: perlende Gitarren, psychedelische Instrumentalpassagen, hymnische Chöre. Die US-Amerikanerin beherrscht mit ihrem heiseren Slacker-Gesang vor 90er-Jahre-Grunge den Alternative-Spagat zwischen Punk und Folk, wie es sonst vor allem Waxahatchee oder J Mascis ohne Dinosaur Jr. können.
Der teils gesellige Powerpop darf nämlich nicht darüber hinwegtäuschen, dass Timony als eine der einflussreichsten Underground-Rock-Gitarristinnen gilt. Auf „Untame the Tiger“ gibt sie sich gänzlich gezähmt, was auch am Entstehungsprozess der Platte liegen dürfte, in dem Timony ihre kranken Eltern gepflegt hat und Themen wie Abschied, Verlust und Einsamkeit in ihren Songs behandelt. Kraftvolle Gelassenheit angesichts der Wendungen des Lebens kennzeichnet „Untame the Tiger“ somit stärker als der verausgabende Sturm-und-Drang-Sound früherer Phasen, was Mary Timony ausgesprochen gut steht.