#Saraswatigate
Mit „Identitti“ entwirft Mithu Sanyal nicht nur einen vielschichtigen Diskurs über Identität und Rassismus, sondern auch einen extrem spannenden Plot.
Im Jahr 2015 verliert die vermeintlich afroamerikanische Bürgerrechtsaktivistin Rachel Dolezal ihren Lehrauftrag an der Eastern Washington University, als herauskommt, dass ihre Eltern beide weiß waren. Die Kulturwissenschaftlerin Mithu Sanyal überträgt diesen Fall nach Deutschland: In ihrem Debütroman fliegt auf, dass sich Sarah Vera Thielmann nach einer Hormonbehandlung und chirurgischen Eingriffen als Person indischer Herkunft ausgegeben hat und so zu Saraswati werden konnte, einer gefeierten Professorin für Postcolonial Studies an der Uni Düsseldorf. Ein Shitstorm bricht los, fast alle ihrer Student*innen fordern, Saraswati zu canceln, doch die 26-jährige Nivedita will in ihrer Wut auch verstehen, was die für sie so wichtige Mentorin angetrieben hat. Mit „Identitti“ entwirft Sanyal nicht nur einen vielschichtigen Diskurs über Identität und Rassismus. Mit tiefenscharfer Figurenzeichnung und viel Humor gelingt ihr bei allen Theorieverweisen auch ein extrem spannender, kurzweiliger Plot, der nicht zuletzt von den eingestreuten Tweets profitiert: Sanyal hat Kolleg*innen wie Fatma Aydemir, Ijoma Mangold und Hilal Sezgin um Twitter-Kommentare zu der von ihr erdachten Affäre gebeten.
Mit „Identitti“ hat es Mithu Sanyal auf unsere Liste der besten Bücher im März 2021 geschafft.