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Elektronika und HipHop zwischen Old School und Americana: Die Alben der Woche

Mit Quakers macht Portishead-Beatmacher Geoff Barrow Old-School HipHop, während Aesop Rock in die Zukunft blickt. Die Alben der Woche.

Was könnte es im zweiten Lockdown schöneres geben? Die Alben der Woche laden allesamt auf Reisen ein: Mit Supa K und 7STU7 macht Portishead-Beatschmied Geoff Barrow als Quakers instrumentellen Old-School HipHop, vergisst bei seiner Zeitreise aber nicht, den authentischen Sound mit Gästen wie Sampa The Great, Jonwayne oder The Black Opera auf die Höhe der Zeit zu bringen.

Dagegen macht Aesop Rock eine Reise in die Geisterwelt – und befinde sich mit seinem schier bodenlosen Vokabular natürlich auch wieder zu gleichen Teilen in der Zukunft des HipHop. Das Konzept seines neuen Albums ist folgendes: Aesop ist aus einer Reise durch die Geisterwelt zurückgekehrt, und erschafft jetzt einen ausgiebigen Reiseführer für alle, die irgendwann mal nachziehen wollen.

Dagegen ist Amerikas progressivste Countryband auf charakteristische Weise gemütlich unterwegs. „TRIP“ ist ein Coveralbum, aber Lambchop wären nicht Lambchop, wenn sie nicht auch dieses scheinbar risikofreie Unterfangen mit den von ihnen bekannten Ambitionen umsetzen würden. Zwar covern sie mit Wilco oder Michael Jackson nichts, was man von der Band um Kurt Wagner nicht vermutet hätte, doch ist auch diese stilistische Entdeckungsreise so wunderbar brüchig und emotional aufrichtig, wie man es von ihnen gewohnt ist. Die Alben der Woche:

Quakers: II: The next Wave

Quakers- II- The next Wave AlbumcoverEs ist nicht die naheliegendste Kollaboration, die sich hinter dem Label Quakers verbirgt: Portishead-Gründer Geoff Barrow macht gemeinsame Sache mit dem australischen Produzenten Supa K alias Katalyst und dem vergleichsweise unbekannten 7STU7. Umso erstaunlicher ist die Kohärenz, mit der die Drei ihre gemeinsame Vision umsetzen, als würden sie sich ein Gehirn teilen. 2012 haben Quakers ihr gleichnamiges Debüt auf Stones Throw (natürlich) herausgebracht, eine siebzigminütige Wundertüte mit kurzen HipHop-Tracks á la Dilla oder Madlib, auf dem sich schon damals große Namen tummelten.

Nachdem sich Quakers erst vor wenigen Monaten mit einem Beattape zurückgemeldet haben, kommt mit „II: The next Wave“ nun das zweite richtige Album. Wieder treffen etablierte Künstler*innen wie Sampa The Great oder Jonwayne auf Geheimtipps wie The Black Opera, und wieder fällt vor allem eines auf: So abwechslungsreich die verspulten, souligen Old-School-Beats sind, so einheitlich klingen sie trotzdem. Quakers sind eben wirklich Brüder im Geiste.

Aesop Rock: Spirit World Field Guide

Aesop Rock Spirit World Field Guide AlbumcoverSchon vor Jahren hat der Journalist Matt Daniels errechnet, dass Aesop Rock unter allen Rapper*innen das größte Vokabular hat – übrigens auch ein größeres als Shakespeare. Obwohl Daniels die Diagnose 2019 noch einmal bestätigt hat, war das reine Formalität, denn Ian Matthias Bavitz beweist seine Skills als Wortklauber praktisch mit jedem Release. Welche*r Rapper*in kennt, geschweige denn nutzt, schon Wörter wie „diode“, „lumens“ oder „Arapaima“? Aesop Rock tut das, und zwar alle im selben Track: „Pizza Alley“ auf der neuen Platte „Spirit World Field Guide“.

Das lose Konzept hinter dem Album: Aesop ist von seinen ausgedehnten Reisen durch die Geisterwelt zurück und hat allen neugierigen Abenteurer*innen ein umfassendes (21 Tracks!) Handbuch zusammengestellt. Folgerichtig tragen die Songs Titel wie „Crystal Sword“, „Holy Waterfall“ oder „Side Quest“. Darin tummeln sich Monster, exotische Pflanzen und wahnwitzige Erlebnisse, die Beats sind abgedreht, psychedelisch, erinnern an die LSD-getränkten 70er. Im Zentrum aber stehen immer die hypnotischen, fiebrigen Wortlawinen, die Aesop Rock anscheinend aus dem Nichts zufliegen. Oder aus der Geisterwelt.

Lambchop: TRIP

Lambchop TRIP AlbumcoverWie schön ist es bitte, dass es Lambchop gibt? Nicht nur, dass die selbsternannte „most fucked-up country band in Nashville“ nach zwei Jahrzehnten gediegener Americana zwischen Country, Jazz und Soul plötzlich Elektronika und Autotune für sich entdeckt: Zwei Alben später bringt die Band um Kurt Wagner plötzlich wieder ein sprödes, größtenteils akustisches Coveralbum ganz ohne Autotune raus. „TRIP“ ist entstanden, weil Wagner sich möglichst aus dem Songwriting-Prozess heraushalten wollte, um Elemente von Lambchop in den Vordergrund zu stellen, die seine Beteiligung sonst überschattet.

So durfte für „TRIP“ jedes Mitglied basisdemokratisch einen Song zum Covern aussuchen: Wilcos geisterhaftes „Reservations“ gelingt Lambchop nicht weniger schemenhaft als das Original, dafür umso wärmer. Das stampfende „Shirley“ der 70s-Rock-Band Mirrors mutiert dagegen auf halber Strecke zu einem schwelenden Krautrock-Slowjam. Natürlich sind die Unterschiede zum sonstigen Prozedere nicht gravierend, aber „TRIP“ zeigt genügend neue Facetten auf, um wieder einmal festzustellen: Wie schön, dass es Lambchop gibt!

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