„Damenbart“ von Sarah Pines: Schön traurig
In „Damenbart“ präsentiert Sarah Pines Figuren, die der Vergangenheit nachtrauern oder sich in eine unerreichbare Zukunft sehnen.
Wie die Protagonist:innen ihres ersten Geschichtenbands ist Sarah Pines besessen von Details: Kleider, Autos, Mahlzeiten, Drinks, Wandfarben und Straßenzüge setzt sie zu Szenen zusammen, deren glatte Oberflächen verdecken, was darunter liegt. Und das ist, wieder und wieder: nichts. Oder besser: nichts mehr, denn Pines’ Figuren trauern entweder der Vergangenheit nach oder sehnen sich in eine unerreichbare Zukunft. Träume zerbrechen, oft einfach, indem sie in Erfüllung gehen.
Pines ist in Deutschland aufgewachsen und lebt heute in New York; ihre Geschichten spielen mal in den USA, mal in Europa, mal in Afrika – und immer wieder zwischen den Kontinenten.
In Beverly Hills steckt die ehemalige Schauspielerin Martha in ihrem Haus fest und versinkt in der immer gleichen, absurden Routine („One Silver Dollar“), in Thessaloniki träumt Marlena von einem Date, das nie stattfinden wird („Damenbart“), und in Casablanca sitzt Hind mit ihrem Kind im Gefängnis, weil ihr Mann von ihrer Affäre erfahren hat („Persephone“). Trotz der träumerisch-poetischen Sprache und Referenzen an die Antike und alte Hollywoodfilme sind Pines’ Skizzen nicht weltfremd: In „Buffalo“ versetzt sie sich in die Gedankenwelt einer Trump-Unterstützerin, in „Calimesa“ illustriert sie subtil die Brutalität des Klassenkampfs.
Dabei bietet „Damenbart“ selbst ein denkbar demokratisches Panorama: Unglücklich sind hier Reiche und Arme, Alte und Junge, Frischverliebte und Verwitwete gleichermaßen. Und das ist irgendwie auch sehr schön.
Eine Leseprobe von Sarah Pines „Damenbart“ ist hier zu finden.