„Send a Prayer my Way“ von Julien Baker & Torres: Ein rückenstärkender Queer-Country-Entwurf

Obwohl sie im Sound auf Westerngitarre und Fidel zurückgreifen, entwerfen Julien Baker & Torres auf ihrem gemeinsamen Album „Send a Prayer my Way“ einen queeren Country – und sind dabei so humorvoll wie aufmüpfig.
Natürlich muss das Genre nach Orville Peck und Adrianne Lenker, nach Beyoncé und Lil Nas X nicht mehr subversiv unterwandert werden. Julien Baker und Mackenzie Scott alias Torres haben den Entschluss zu einem gemeinsamen Country-Album ja auch schon im Jahr 2016 gefasst, und bei den Überschneidungen in ihren Biografien ergibt sich das auch quasi von selbst: Beide sind in den US-Südstaaten aufgewachsen, und die Befreiung aus fundamentalreligiösen Bindungen ist ihnen nicht ohne Selbstzerfleischung gelungen.
Dass ihr Queer-Country-Entwurf „Send a Prayer my Way“ nun aber ausgerechnet im Jahr 2025 endlich erscheint, ist vermutlich alles andere als Zufall: „That it can’t get much worse depends on who you’re asking“, singen sie in „Showdown“. Während Trump in seiner zweiten Amtszeit die Demokratie abschafft, geht es in erster Linie einfach darum, durch jeden einzelnen Tag zu kommen. Baker und Torres verzichten auf Anleihen bei HipHop oder Elektronik, sie schrecken auch vor Westerngitarre und Fidel nicht zurück, doch selbst für Country-Hasser funktionieren so warmherzige, humorvolle und eben aufmüpfige Songs wie „Dirt“ oder „Tuesday“ als rückenstärkende Umarmung.