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„Baby Jane“ von Sofi Oksanen: Meine Wohnung, mein Gefängnis

Buchcover „Baby Jane“ von Sofi Oksanen

Schon in ihrem zweiten Roman „Baby Jane“ aus dem Jahr 2005 verbindet Sofi Oksanen Thriller-Spannung mit psychologischem Scharfblick.

„Baby Jane“ von Sofi Oksanen ist unsere Buchempfehlung der Woche.

Als junge Frau kommt die Ich-Erzählerin nach Helsinki und gerät sofort in den Zauber von Piki, der coolsten Lesbe der Stadt. Gemeinsam ziehen sie durch die Bars, schon nach kurzer Zeit träumen sie von einer gemeinsamen Zukunft.

Erst spät fallen der Erzählerin seltsame Dinge auf: Piki will niemals etwas mit ihr unternehmen, trinkt permanent Alkohol, und ihre Wäsche ist immer sauber, obwohl sie keine Waschmaschine hat. Denn Piki hat eine Panikstörung, sie kann ihre Wohnung nur verlassen, um feiern zu gehen. Ihre Exfreundin Bossa geht für sie zum Supermarkt und wäscht ihre Wäsche bei sich. Für die Erzählerin ein inakzeptables Verhältnis, das einen Keil zwischen sie und Piki treibt – und als die Beziehung auseinanderbricht, geht es mit Piki nur immer weiter bergab, während sie selbst mit einem Mann zusammenkommt, den sie nicht liebt.

Wütend und schutzlos setzt sich Sofi Oksanen in „Baby Jane“ mit einer toxischen Beziehung auseinander.

Sofi Oksanens „Baby Jane“ erscheint erst jetzt auf Deutsch, stammt aber bereits aus dem Jahr 2005. Das ist nicht unwichtig, denn Oksanens zweiter Roman ist doch spürbar das Werk einer jüngeren Autorin: Wütend und schutzlos setzt sie sich darin mit einer toxischen Beziehung und dem Umgang der Gesellschaft mit psychisch Kranken auseinander.

Schon in ihrem zweiten Roman gibt es das für Sofi Oksanen typische tragisch-ambivalente Ende

Der Titel spielt auf „What ever happened to Baby Jane“ an, einem Film von Robert Aldrich, in dem zwei Schwestern sich gegenseitig das Leben zur Hölle machen. Er macht noch einmal explizit, was die Erzählerin selbst nur andeuten kann: Nicht nur Piki, auch sie selbst ist zwischen ihrer Krankheit und gesellschaftlichen Vorgaben gefangen, sieht zuletzt keinen anderen Ausweg, als sich selbst zu verleugnen. So nehmen die Dinge ihren unaufhaltsamen Lauf – bis hin zum Oksanen-typischen tragisch-ambivalenten Ende.

„Baby Jane“ von Sofi Oksanen ist unsere Buchempfehlung der Woche. Zuletzt haben wir an dieser Stelle „Lapvona“ von Ottessa Moshfegh vorgestellt.

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