Krieg und Pocken
Mit „Monschau“ rückt Steffen Kopetzky erneut den Wehrmachtsarzt Günter Stüttgen ein zweites Mal ins Zentrum eines Romans.
Als Steffen Kopetzky 2019 seinen Roman „Propaganda“ veröffentlichte, handelte er sich mit der zentralen Heldenfigur des Wehrmachtsarztes Günter Stüttgen den Vorwurf ein, die reaktionäre Lesart von einer im Kern doch guten Wehrmacht zumindest zu dulden. Stüttgens große humanitäre Tat im Zweiten Weltkrieg ereignete sich während der Ardennenoffensive in der berüchtigten Allerseelenschlacht im Hürtgenwald: Er hatte mit der US-Armee einen Waffenstillstand ausgehandelt, um in der Folge Schwerstverletzte beider Armeen im Akkord versorgen zu können – und war für die kampflose Übergabe des Lazaretts vom deutschen Kriegsgericht in Abwesenheit zum Tode verurteilt worden. In seinem neuen Roman „Monschau“ stellt Kopetzky den Arzt und Wissenschaftler Stüttgen historisch korrekt schon wieder ins Zentrum der Handlung. 1962 schleppt ein Mitarbeiter der Rither-Werke die Pocken in den Eifel-Kreis Monschau. Stüttgen muss aus Düsseldorf anreisen und erkennt die Situation sofort: Er verhängt Quarantänen mitten im Karneval, veranlasst Untersuchungen der Kranken und Toten nur in Schutzmontur und lässt die Bevölkerung durchimpfen. Kopetzkys zweiter Held des Romans ist der griechische Arzt Nikolaos Spyridakis, der die Untersuchungen vor Ort durchführen muss. Mit ihm wird „Monschau“ nebenbei zum Liebesroman, während Altnazis auf Droge in einem weiteren Handlungsstrang agieren. „Monschau“ ist unterhaltsam geschrieben, die Handlungslücken vor allem auf der Zielgeraden zeigen aber, dass Kopetzky den Roman unbedingt noch zur Hochzeit von Cronona veröffentlichen wollte.
Mit „Monschau“ hat es Steffen Kopetzky auf unsere Liste der besten Bücher im Juni 2021 geschafft.